Wissenschaftsfonds muss mangels Budget Förderzusagen aussetzen.
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Wien. Taj Mahal-Gärten: Restaurierung nach österreichischen Plänen. Allergie-ähnliche Immunreaktionen: Schutzfunktion des Körpers vor Gift. Kloster oder Heirat: Erwachsenwerden in Byzanz. Jedes dieser Themen klingt spannender als das andere. Sie zählen zu den 2100 Projekten, die der Wissenschaftsfonds FWF derzeit fördert.
2012 hat Österreichs größte Förderagentur für Grundlagenwissenschaften 684 Projekte nach Exzellenzkriterien genehmigt. Ausbildungszentren für qualifizierten akademischen Nachwuchs einerseits und thematische Schwerpunktbildungen an Universitäten andererseits stellen mit einem Viertel des Fördervolumens ein Schwergewicht des Fonds dar. Nun aber muss der FWF Zusagen gerade in diesem Bereich aussetzen. Bei einer Kuratoriumssitzung informierte das FWF-Präsidium am Montagabend, dass der Wissenschaftsfonds heuer keine Einreichungen für Spezialforschungsbereiche und Doktoratskollegs entgegen nehmen werde. Mangels Budget könne man keine Verbindlichkeiten für Projekte mit bis zu zwölf Jahren Laufzeit eingehen. Mit dem erklärten Ziel der Bundesregierung, bis 2020 zu den Top-Forschungsnationen aufzuschließen, ist die Nachricht unvereinbar.
Doktoratskollegs und Spezialförderbereiche sind die am längsten laufenden Projektförderungen des FWF und haben auch das längste Bewilligungsverfahren. Wer heuer einen Antrag stellt, erhält Zu- oder Absage 2015 und kann 2016 zu arbeiten beginnen. Für diese Förderschiene muss der FWF Gelder aus dem Budget 2014/15 also erst 2016 auszahlen. Dennoch muss er in allen seiner insgesamt elf Programme heute schon berechnen, welche Zusagen er für morgen tätigen kann. Da das Budget 2014/2015 aber noch nicht steht, müssen Bewilligungen verschoben werden.
180 Millionen für den FWF?
Wenn das gesamte FWF-Budget fix im Bundesvoranschlag verankert wäre, wäre der Schritt wohl nichts weiter als ordnungsgemäße Geschäftsgebarung. Doch die Finanzierung des Wissenschaftsfonds steht seit Jahren auf wackeligen Beinen. Denn nur die Hälfte ist ein fixer Budgetposten. 2012 standen 101,9 Millionen der bewilligten 196,4 Millionen Euro an Projektmitteln im BVA. Die Differenz wurde wie jedes Jahr aus Sondermitteln, Rücklagen und Geldern aus der früheren Ressortforschung scheibchenweise beglichen. "Es gibt ein strukturelles Problem von 100 Millionen Euro", betont FWF-Präsidentin Pascale Ehrenfreund. Um kalkulieren zu können, benötige der FWF jedoch langfristige Perspektiven.
Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner will eine höhere Planungssicherheit gewährleisten und mehr Geld für den FWF festschreiben. Nach Informationen der "Wiener Zeitung" soll der Wissenschaftsfonds 243 Millionen Euro aus einem für ihn und die Akademie der Wissenschaften vorgesehenen Topf von 383 Millionen Euro erhalten. Durchgerechnet bis 2016 wären das jährlich 80 Millionen Euro zusätzlich zu den derzeit festgeschriebenen 100 Millionen Euro für den FWF. Laut Wissenschaftsfonds wären aber nicht 180 Millionen, sondern mindestens 210 Millionen Euro erforderlich, um der steigenden Antragszahl zu begegnen. "Das Ministerium setzt eine strukturelle Maßnahme in die richtige Richtung", sagt Kuratoriumsmitglied Friedrich Stadler, Professor für Wissenschaftsgeschichte an der Uni Wien: "Bleibt es aber bei den 180 Millionen, wird ein rückläufiger Prozess eingefroren." Da gleichzeitig auch Kostenerhöhungen durch die Inflation abgedeckt werden müssen, wäre wohl nur eine Bewilligungsquote von 20 Prozent möglich.
2012 bewilligte der FWF 24,3 Prozent aller Projektanträge. "Wenn die Gutachter zwar Förderungen empfehlen, aber Verbesserungsvorschläge machen, lehnen wir den Antrag ab, obwohl er ebenso viel Potenzial hat wie genehmigte Projekte", beschreibt Stadler das verschärfte Beurteilungsszenario: "Wir bekommen ein Rechtfertigungsproblem."
Um so gut in der Forschung wie die Schweiz zu werden, müsste Österreich mehr Geld für Grundlagenforschung ausgeben, die radikale Innovationen für den Standort zu generieren kann. "Wir hören tolle Worte, aber in der Finanzierung passiert nicht viel", mahnt der Verhaltensbiologe Kurt Kotrschal, Leiter der Konrad Lorenz Forschungsstelle in Grünau. Er plädiert für mutige Reformen: "Der Wille zu einer Verbesserung ist da. Es bringt aber nichts, bei der schlampigen Finanzierung der Grundlagenforschung nur an Schräubchen zu drehen."