Warum bloggen Menschen? Und welche Folgen hat es, wenn Leute persönliche Erlebnisse, witzige Ideen oder politische Kommentare über das Internet verbreiten? Diesen Fragen ging das Ö1-Radiokolleg dieser Woche nach. Keine Gegenöffentlichkeit seien die Blogger, sondern mitten in der Gesellschaft stehend, meinten die Befürworter; ein nihilistischer Geist entströme diesem ungeordneten Tun, monierte die Gegnerschaft, da nun eine unüberschaubare Zahl von Akteuren ihre eigenen Deutungsmodelle präsentiere und so das Erklärungsmonopol der Massenmedien gefährden.
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Und tatsächlich: Wenn es in Blogs um aktuelle Themen geht, stecken Journalisten in einem gewissen Dilemma: Einerseits nutzen immer mehr die auf Twitter oder ähnlichen sozialen Netzwerken verbreiteten Neuigkeiten für eigene Recherchen, andererseits fühlen sie hier eine Konkurrenz heranwachsen. Am besten brachte es wohl Armin Thurnher vom Falter auf den Punkt: Anspruch des Printjournalismus müsse es sein, dass dem Erscheinen einer Zeitung eine "kollektive und gründliche Urteilsfindung unter nachvollziehbaren Kriterien" vorausgehe. Dieser Meinung schloss sich im Prinzip auch ein Blogger an: Die Antwort der Medien auf per Blog verbreitete News könne nur ein qualitativ hochwertiger Journalismus sein.
Wohin die Entwicklung unter den Qualitätszeitungen geht, wird die nahe Zukunft zeigen. Dass allerdings, wie ein Weblog-Betreiber meinte, die Internet-Enzyklopädie Wikipedia dem "alten Brockhaus" überlegen sei, darf bezweifelt werden. Dieser etwa gründet auf den vom Chefredakteur des Falter angesprochenen Werten der gründlichen Urteilsfindung. Und von dieser sollten wir uns auch im 21. Jahrhundert nicht verabschieden.