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Grundsicherung nur für Arbeitswillige

Von Ina Weber und Walter Hämmerle

Politik
Strache: "Bundeskanzler Wolfgang Schüssel verweigerte jedes Gespräch." Strasser

FP fordert Kerneuropa der Nettozahler. | Gemeinschaftsdienst bei längerer Arbeitslosigkeit. | Oppositionsansage mit Hintertür. | "Wiener Zeitung": ÖVP und Grüne haben sich in Wien mit der SPÖ auf die Umsetzung gemeinsamer Projekte geeinigt. Wie ist Ihr Gespräch mit Bürgermeister Michael Häupl verlaufen?


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Heinz-Christian Strache: Es war ein sehr höfliches Gespräch, bei dem uns allerdings aufgefallen ist, dass beim Bürgermeister kein Sparwille besteht.

Wo hätten Sie denn gespart?

Wir wollten eine Verkleinerung der Stadtregierung von derzeit 14 auf neun oder zehn Stadträte sowie eine Zusammenlegung von Landtagspräsidium und Gemeinderatsvorsitz. Außerdem wundere ich mich, dass Häupl nicht bereit ist, selbst ein Ressort zu übernehmen - das ist schlicht Arbeitsverweigerung.

Im Wahlkampf hat sich auch die FPÖ für die Grünen-Idee einer Grundsicherung für alle ausgesprochen . . .

. . . allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: Wir wollen für arbeitende und arbeitswillige Menschen eine Grundsicherung - nicht jedoch für arbeitsunwillige. Wenn jemand sechs Monate arbeitslos ist, dann hat er Zeit genug gehabt, einen Job zu finden. Ist das nicht der Fall, soll er für Gemeinschaftsdienste herangezogen werden. Weigert er sich, müssen die Zuwendungen radikal gekürzt werden.

Was heißt radikal kürzen?

Ich werde das jetzt nicht beziffern, aber darüber wird man nachdenken müssen.

Was fällt für Sie unter Gemeinschaftsdienst?

Altenpflege, Schneeräumung oder auch Schülerlotsendienste. Sozialschmarotzertum gehört beseitigt.

Alle Parteien wälzen bereits steuerpolitische Reformideen. Wen will die FPÖ bebzw. entlasten?

Bei den Familiensteuern muss sicherlich nachjustiert werden. Hier geschieht eindeutig zu wenig. Wir wollen, dass das gesamte Familieneinkommen zusammengerechnet wird und auf die einzelnen Köpfe aufgeteilt wird. Und dann erst sollte man die Steuerbelastung festlegen. Für Familien mit mehreren Kindern wäre das eine massive Entlastung.

Was heißt für Sie Familie?

Das heißt zunächst einmal ein gemeinsamer Haushalt mit Kindern, aber natürlich ist die Ehe privilegiert.

Woher nehmen Sie das Geld?

Uns geht es vor allem um Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Wenn es wieder mehr Kinder gibt, wird ja irgendwann einmal auch der Staat davon profitieren.

Das Geld müssen Sie aber bereits jetzt ausgeben.

Das ist viel zu kurzfristig gedacht, mir fehlt in der heutigen Politik der Mut zu langfristigen Visionen.

Mit anderen Worten: mehr Schulden in der Gegenwart?

Noch einmal: Es geht um die langfristige Vision. Man muss auch in anderen Bereichen nachjustieren, etwa bei der Unterstützung für die kleineren und mittleren Unternehmen oder beim Höchststeuersatz. Hier kann ich mir vorstellen, den Steuersatz auf 45 Prozent zu senken, allerdings nur bis etwa 100.000 Euro, dann soll ein Spitzensteuersatz von 50 Prozent gelten sowie von diesen Superreichen noch zusätzlich eine Solidaritätsabgabe einverlangt werden.

Die FPÖ lehnt Zuwanderung strikt ab, nur wie wollen Sie dann das Pensionssystem nachhaltig sichern?

Es ist ein Irrglaube, dass die demografischen Probleme mithilfe von Zuwanderung gelöst werden können. Zuwanderer, wenn sie einmal 25 Jahre hier sind, bekommen genauso wenige Kinder wie wir und nehmen gleichzeitig mehr aus dem Sozialtopf heraus als sie einzahlen. Hätten wir keine Zuwanderung, würde der Wohnungsmarkt entlastet und die Mieten billiger werden. Auch Facharbeiter würden dann höhere Löhne bekommen. Man soll nicht so tun, als ob eine Gesellschaft immer wachsen muss. Sie kann auch gesund schrumpfen.

Was erwarten Sie sich vom österreichischen EU-Vorsitz?

Leider nicht viel. Die derzeit handelnden Personen sind noch jedesmal vor dem bürokratischen Unsinn aus Brüssel in die Knie gegangen, anstatt für die Interessen Österreichs einzutreten. Deshalb werden wir als die einzige soziale Österreich-Partei das tun, etwa in Form unseres Volksbegehrens "Österreich bleibt frei", das wir am Montag im Innenministerium eingebracht haben. Unsere Forderungen lauten: Ja zur Neutralität, Nein zu EU-Verfassung und Türkei-Beitritt.

Welches Europa schwebt Ihnen denn vor?

Wer zahlt, darf auch anschaffen. Deshalb wollen wir ein Kerneuropa, in dem die Nettozahler mehr bestimmen können als die Empfängerländer. Wir müssen dem Globalisierungswahn aus Brüssel entgegensteuern.

Wie soll sich Europa gegen die Globalisierung schützen?

Etwa durch Schutzzölle gegen Unternehmen, die ihre Produkte durch Kinderarbeit in China produzieren lassen oder die vom Steuerdumping in Osteuropa profitieren. Hinzu kommt, dass die siebenjährigen Übergangsfristen ein Hohn sind. Es braucht 20 bis 25 Jahre, bis diese Länder auf unserem Niveau sind.

Für SPÖ und Grüne ist die FPÖ kein Koalitionspartner. Die ÖVP hingegen lässt sich diese Option offen.

Auch fast jeder hochrangige VP-Politiker schließt uns aus. Es ist das alte Spiel: alle gegen die FPÖ. Das ehrt uns, weil es zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. In Wirklichkeit ist die große Koalition bereits ausgepackelt.

Also schließen Sie eine Regierungsbeteiligung aus?

Die ÖVP hat Koalitionsbruch begangen. Bundeskanzler Schüssel verweigerte jedes Gespräch.

Also mit einer ÖVP ohne Schüssel durchaus?

Meine Aussagen sind klar. Im Grunde genommen müsste sich die ÖVP neu positionieren. Wichtig ist, dass es nicht Rot-Grün wird.

Sehen Sie die Möglichkeit einer Wiederannäherung mit dem BZÖ?

Diese Personen haben sich selbst aus dem Rennen genommen. Das BZÖ ist eine Kunstpartei von Schüssels Gnaden und Jörg Haider ist nur mehr ein Schmusekätzchen auf des Kanzlers Schoß.