Wertfeststellung wird seit Jahrzehnten aufgeschoben. | Die Steuern für alle könnten steigen. | Wien. Steuerrechtsexperten sehen Hinweise, dass der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Grundsteuer in ihrer derzeitigen Form kippen könnte. Die 14 Verfassungsrichter sind in der Herbstsession - diese startete am Montag und läuft bis 9. Oktober - mit zwei Beschwerden befasst, die beide die Einheitswerte betreffen. | Analyse: Die Verfassungsrichter dürften der Politik einen Handlungsauftrag geben
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In einem Fall geht es um einen Stifter, der eine Liegenschaft und Wertpapiere in eine Privatstiftung einbringen möchte. Die Finanzanlagen werden mit 2,5 Prozent Stiftungseingangssteuer belastet. Bei der Immobilie wird hingegen der dreifache Einheitswert als Bemessungsgrundlage herangezogen. Das ist ein Vielfaches weniger als der tatsächliche Verkehrswert; die Beschwerde spricht vom Sechs- bis Siebenfachen. Ziel der Beschwerde vor dem VfGH sei natürlich nicht, eine höhere Besteuerung zu erwirken, sagt Christian Eberl, Anwalt des Beschwerdeführers, zur "Wiener Zeitung": "Die Beschwerde zielt auf die Stiftungseingangssteuer generell ab - auch wenn es, falls diese gekippt würde, vermutlich eine Nachfolgeregelung geben wird." Die Voraussetzungen seien ähnlich wie 2007, als die Verfassungsrichter die Erbschafts- und Schenkungssteuer zu Fall brachten.
Das bestätigt auch Karl Bruckner von BDO Austria, zugleich Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Er geht nicht davon aus, dass der VfGH am System der Einheitsbewertung oder an der Grundsteuer als solches rütteln wird. Wo es möglicherweise zu Änderungen kommen könnte, sei die Stiftungseingangssteuer.
Entscheidend sei nämlich die Höhe des Steuersatzes. Ist dieser gering, so ist die Schieflage durch die Einheitswerte zu vernachlässigen, war bisher die Ansicht der Höchstrichter.
Bei einigen ausländischen Stiftungsformen (manche Experten sprechen von einer "Lex Liechtenstein") fällt für Immobilien allerdings sogar eine Eingangssteuer von 25 Prozent des dreifachen Einheitswertes zuzüglich 3,5 Prozent Grundstückszuschlag an. Dabei könnte es sich um einen Steuersatz handeln, der als relevant erachtet wird.
Wert beliebig angehoben
Der zweite Fall, mit dem die Verfassungsrichter befasst sind, betrifft die Vorschreibung der Grundsteuer für eine Liegenschaft. Auch hier wird die Bemessung anhand des Einheitswertes als unsachlich und somit verfassungswidrig erachtet. "Das bisherige System lässt Wertverminderungen völlig unberücksichtigt", sagt Michael Battlogg, Anwalt aus Schruns und Beschwerdeführer in eigener Sache.
Problematisch sind die Einheitswerte, weil sie seit Jahrzehnten nicht mehr neu erhoben wurden. Eigentlich müsste die Hauptfeststellung alle 9 Jahre erfolgen - für Agrarflächen wäre diese 2010 fällig. Die Werte wurden aber immer wieder nur fortgeschrieben - für landwirtschaftliche Immobilien schon seit 1988.
Für sonstige Grundstücke wurde der Wert 1973 letztmalig festgesetzt, seither aber um 35 Prozent angehoben. Genau daran setzt die Beschwerde von Battlogg an: "Der Verkehrswert der Liegenschaft hat sich sicher nicht deshalb um 35 Prozent erhöht, weil sich der Eigentümer geändert hat."
"Die Einheitswerte an sich sind schon sachgerecht", sagt Steuerexperte Thomas Strobach von PricewaterhouseCoopers (PwC). Er erwartet deshalb nicht, dass das System als Ganzes gekippt wird.
Es könnte teurer werden
Als Problem könnte sich aber die oftmalige Verschiebung der Feststellung erweisen: "Da diese über Jahre nicht durchgeführt wurden, sind ziemliche Schräglagen zwischen uralten und neueren Werten entstanden." Sollten die Verfassungsrichter die Grundsteuer zu Fall bringen, so wird es jedenfalls tendenziell teurer. Die Debatte über Einheitswerte betrifft fast jeden. Für Bauern sind diese eine Basis der Einkommenssteuer und Sozialversicherungsbeiträge. Die Grundsteuer betrifft nicht nur Eigentümer, sondern wird auch an Mieter weiterverrechnet.