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Grüne besiegeln Rettungsschirm mit viel Fingerspitzengefühl

Von Brigitte Pechar

Analysen

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Dass die Regierung nicht immer und überall schalten und walten kann, hat häufig auch ihr Gutes. Hätten nämlich Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger beim Beschluss des Europäischen Stabilitätspakts - besser bekannt als Rettungsschirm - autonom handeln können, wären da sicherlich keine demokratischen Hürden eingeflochten worden.

Zwar sind die Grünen auf europäischer Ebene über den Rettungsschirm schon lange auf Linie - ein sinnvolles Instrument, um Zinssätze für angeschlagene Euro-Staaten möglichst niedrig zu halten. In Österreich mussten Grünen-Chefin Eva Glawischnig und Budgetsprecher Werner Kogler parteiintern dennoch Überzeugungsarbeit leisten. Gelungen ist dies sicherlich auch deshalb, weil die Grünen ihre Zustimmung zu einer Zweidrittel-Materie - in Ausnahmefällen wird dadurch Hilfe von Mitgliedsstaaten für die Schulden anderer Länder doch ermöglicht - gegeben haben, die Voraussetzung für den ESM ist.

Allerdings haben die Grünen taktisches Geschick an den Tag gelegt. Einerseits haben sie den Regierungsparteien Raum zum Atmen gelassen. Es wurde der Koalition nicht sofort das Messer angesetzt, sondern stetig auf sinnvolle Begleitmaßnahmen hingewiesen. Am Ende haben Glawischnig und Co. ihr Ziel erreicht. Erstens: Die Finanztransaktionssteuer wird zumindest in zehn Staaten bis Jahresende eingeführt. Dazu haben auch die deutschen Grünen einen Beitrag geleistet, indem sie in Kanzlerin Angela Merkel gedrungen sind.

Zweitens: Der Nationalrat erhält mehr Mitsprache als in anderen EU-Staaten, wenn es um Stammkapitalerhöhungen für Hilfsaktionen geht. Ein Ausschuss kann demzufolge mit einfacher Mehrheit der Finanzministerin sogar die Zustimmung zum Abruf von bereits genehmigtem Kapital verwehren. Sollten sich die Mehrheitsverhältnisse ändern und die EU-feindliche FPÖ ans Ruder kommen, kann sich dieser Passus massiv gegen den Rettungsschirm auswirken.

Drittens haben die Grünen darauf bestanden, dass ein Banken-Insolvenzgesetz ausgearbeitet wird. Viertens haben sie Österreichs Regierung verpflichtet, bei den EU-Investitionspaketen darauf zu achten, dass diese nachhaltig sind (Stichwort: Jugendarbeitslosigkeit, Energiewende). Auf leisen Sohlen konnten so grüne Pflöcke eingeschlagen werden.