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Grüne Krise

Von Katharina Schmidt

Politik

Der Rausschmiss der Jungen Grünen zeigt tiefe Gräben in der Partei auf.


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Wien. Die Aufmerksamkeit der Medien ist ihnen sicher. Allerdings ist es nicht gerade die Art von Aufmerksamkeit, auf die die Grünen in Zeiten von Vorwahlkampf und anlaufendem Eurofighter-U-Ausschuss gehofft hatten. Denn mit dem Streit um den Ausschluss der Jungen Grünen, der über das Wochenende in die nächste Runde gegangen ist, tritt das Aufdecker-Image gerade in den Hintergrund.

Zur Erinnerung: Die Jungen Grünen wollten bei den kommenden Hochschülerschaftswahlen in Linz und Graz nicht die offizielle grüne Studierendenorganisationen Gras, sondern die davon abgespaltenen Grünen Studierenden unterstützen. In einem offenen Brief erklärte die Sprecherin der Jungen Grünen, Flora Petrik, sinngemäß, man stehe hinter den Grünen Studierenden und weil Parteichefin Eva Glawischnig mit dieser Form der Erneuerung nicht umgehen könne, solle sie doch zurücktreten. Damit traf Petrik einen Nerv. Nicht so sehr wegen der Rücktrittsaufforderung an Glawischnig - die sei, so hört man, noch verschmerzbar gewesen. Nein, in einer historisch aus zwei grünen Gruppierungen mühsam geeinten Partei reagiere man auf jede Form der Abspaltung allergisch. Die Konsequenz daraus: Mit nur zwei Gegenstimmen entledigte sich der erweiterte Bundesparteivorstand vergangenen Donnerstag der Jungen Grünen.

Unzufriedenheitsblasen

Für den Politikberater Thomas Hofer wäre das alleine noch kein allzu großes Drama gewesen. Zwar sind die Jungen Grünen mit nach eigenen Angaben 4000 Mitgliedern eine große Organisation, deren Verlust man vor der Nationalratswahl nicht so schnell kompensieren könne. "Es dauert zwar eine Zeit, bis ein adäquater Ersatz aufgebaut ist, aber das wird schon gelingen", meint Hofer. Viel bedrohlicher sei, dass "dadurch ein paar andere Kritik- und Unzufriedenheitsblasen aufgestochen wurden". Hätten sich sofort nach der Entscheidung alle Landesorganisationen einhellig hinter Glawischnig gestellt, wäre die Situation laut Hofer zwar auch nicht viel angenehmer gewesen, aber wenigstens hätte man einen Schuldigen - die widerspenstigen Jungen Grünen -gehabt.

Doch das geschah nicht. Stattdessen tauchte am Wochenende in mehreren Medien das Protokoll einer Telefonkonferenz auf, bei der grüne Ländervertreter Verständnis für die Jungen Grünen äußerten. Der steirische Landessprecher meinte etwa, man hätte in Graz, wo die Gras ohnehin de facto inexistent sei, bei der ÖH-Wahl ruhig die Grünen Studierenden kandidieren lassen können.

Am Montag ging es in dieser Tonalität weiter. Die Salzburger Landessprecherin Astrid Rössler etwa meinte gegenüber der APA, man solle mit Jungen Grünen und Grünen Studierenden Kontakt halten. Die burgenländische Grünen-Chefin Regina Petrik hat am Montag bereits einen Termin mit der Landesorganisation der Jungen Grünen vereinbart, um über die weitere Zusammenarbeit zu beraten. Sie habe im Parteivorstand gegen den Ausschluss der Jugendorganisation und für weitere Gespräch gestimmt, meinte sie. Ansonsten hält sich Petrik zurück - als Mutter von Flora Petrik werde ihr ein Kommentar sonst falsch ausgelegt, befürchtet sie.

Deutliche Worte

Weniger zurückhaltend gab sich am Montag Joachim Kovacs. Der Landessprecher der Wiener Grünen - von ihm kam im Parteivorstand die zweite Gegenstimme - erklärte in einem Gastkommentar für die "Presse", dass die Jungen Grünen zwar "große Fehler" gemacht hätten, ihr Rausschmiss aber ein ebensolcher sei. Auch die Kommunikation sei ein Desaster gewesen: "Wer jedoch nur diese kritisiert, verkennt die politische Tragweite dieser Fehlentscheidung", schreibt Kovacs. Er plädiert für eine "Nachdenkpause", gefolgt von einer Annäherung. Danach sieht es momentan aber nicht aus. "Wir konnten uns in der letzten Woche entscheiden, ob wir uns total unterwerfen und demütigen lassen wollen oder ob wir Haltung zeigen und für politische Ideen einstehen", sagte Flora Petrik am Sonntag vor 50 Delegierten aus allen Bundesländern.

Wundenlecken

Die Krisensitzung fand in den Räumlichkeiten der Jungen Liberalen (Junos) statt, diese Woche findet die obdachlose Organisation Asyl bei der Sozialistischen Jugend. Sie hätte nie gedacht, dass eine Partei ihre eigene Jugendorganisation hinauswirft, erklärte Petrik. Und: "Wir lassen uns nicht verbiegen und unterordnen. Wir stehen weiterhin hinter basisdemokratischen Beschlüssen und Grundwerten." Ende April wollen die Jungen Grünen über die weitere Strategie beraten. Auch die Grünen selbst sind mit Wundenlecken beschäftigt. Es habe Schlichtungsversuche gegeben, betonte Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik in einer Aussendung. Gemeinsam mit jungen Grünsympathisanten arbeite man an einer neuen Plattform.

Von Versöhnung also keine Spur. Hofer glaubt, dass diese nicht mehr ohne Gesichtsverlust machbar wäre. "Das ist schon eine Krise größeren Ausmaßes", meint er. Dazu kommt, dass von den Grünen seit Monaten kaum etwas zu hören war. Abgesehen vom Eurofighter-U-Ausschuss gelang es den Grünen auch nach der durch den überlangen Bundespräsidentschaftswahlkampf ausgelösten Positionierungs-Zwangspause nicht, mit ihren Botschaften durchzudringen. "Für Glawischnig ist das eine persönliche Krisensituation. Auch wenn sich die Länder nicht mit der Rücktrittsaufforderung der Jungen Grünen solidarisiert haben - indirekt gab es Verständnis", so Hofer. Noch sieht er keine Ablösedebatte. "Aber das Thema ist evident."