Himmelhochjauchzend - zu Tode betrübt verlief der grüne Wahlsonntag im Wiener Palais Auersberg. Obwohl die Grünen das beste Ergebnis ihrer Geschichte einfuhren, haben sie ihre Ziele verfehlt.
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Es ist kurz nach 17 Uhr. In der Wahlkampfzentrale der Grünen im Palais Auersberg wird gerade die erste ORF-Hochrechnung auf die große Leinwand projiziert. Der begeisterte Applaus, der nach Sichtung des FPÖ-Ergebnisses eingesetzt hat, versandet abrupt, als das ÖVP-Ergebnis über den Köpfen der Grün-Sympathisanten erscheint: Unverständnis in den Gesichtern. Kopfschütteln, vereinzelt fällt das "Sch."-Wort. Die Wiener Gemeinderätin Marie Ringler verzieht das Gesicht zu einem gequälten Lächeln.
Auch als die leichten Zugewinne der Grünen bekannt werden, will im Wintergarten mit den grünen Luftballons und dem grün beleuchteten meterhohen Fikus zunächst wenig Stimmung aufkommen: Das Wahlziel, die FPÖ zu überholen, wurde verfehlt. Auch das erhoffte zweistellige Ergebnis bleibt unerreicht.
Wer aber ist schuld am doch eher enttäuschenden Ergebnis? Ratlos NR-Abgeordnete Theresia Haidlmayr: "Vielleicht können das die Meinungsforscher erklären - ich kann es nicht." Terezija Stoisits, die mit zehn Prozent gerechnet hatte: "Es gibt eine große Diskrepanz zwischen dem, was die Österreicher im Herzen tragen, und dem, was am Stimmzettel steht."
Wie geht es weiter?
Geht es nach Stoisits fahren die Grünen künftig einen "schärferen Oppositionskurs". Auch Sozialsprecher Karl Öllinger erkennt keinen Auftrag für eine grüne Regierungsbeteiligung, glaubt aber auch nicht an ein ÖVP-Angebot: "Wenn die ÖVP nur die Hälfte von dem glaubt, was sie über uns im Wahlkampf verbreitet haben, kann es kein Angebot geben." "Aber," fügt Öllinger verschmitzt hinzu: "Wer weiß, ob Schüssel nicht auch bei den Grünen Weihnachtsmann spielt und bei uns an die Tür klopft."