U-Ausschuss als Minderheitenrecht wird zur Koalitionsbedingung.
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Mauerbach. Nur aufgestanden sind sie nicht. Ansonsten schienen die Ovationen für Gabriela Moser bei der grünen Klubklausur in Mauerbach am Montag von Herzen zu kommen. Oder sie waren zumindest gut inszeniert. Die Regieanweisung für den Applaus kam von Bundessprecherin Eva Glawischnig, die "Korruptionsbekämpfung und Aufklärung auf allen Ebenen" als Motto ihrer Rede für den politischen Herbstauftakt vor der malerischen Kulisse des Tulbinger Kogels gewählt hatte.
Kein Wunder, konnten sich die Grünen doch zuletzt in Kärnten mit Rolf Holubs Hartnäckigkeit in der Hypo-Causa als Aufdecker präsentieren. Die verschärften Anti-Korruptionsregeln seien genauso eine Errungenschaft der grünen Hartnäckigkeit wie das Medientransparenzgesetz, sagte Glawischnig, die wegen einer Bindehautentzündung ungewohnt streng mit Brille auftrat.
Und schließlich Gabriela Moser. Dass die Geldflüsse rund um Telekom, Buwog, Behördenfunk und Glücksspielgesetz ans Tageslicht gekommen sind, "wäre ohne die untadelige Vorsitzführung" Mosers im U-Ausschuss nicht möglich gewesen, betonte die Grünen-Chefin. Worauf Moser, die seit Tagen von allen anderen Parteien zum Rücktritt aufgefordert wird, weil sie einen Antrag nicht hat abstimmen lassen, von ihren Klubkollegen mit langem Applaus bedacht wurde. "Danke Gabi, dass du durchhältst", sagte Glawischnig - es gehe schließlich auch nicht um sie, sondern "es geht um Werner Faymann". Dass man den Kanzler nicht als Auskunftsperson zur Inseratenaffäre in den U-Ausschuss geladen hat, um keinen Koalitionsbruch zu riskieren, hat ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf am Sonntag im ORF zugegeben.
Dringliche Anfrage zur Inseratenaffäre an Faymann
Das will Glawischnig nicht dulden. Sie kündigte eine Dringliche Anfrage der Grünen an den Kanzler zur Inseratenaffäre im Plenum am Mittwoch an. Und sie forderte die anderen Fraktionen dazu auf, die 2009 geschlossene Vereinbarung, U-Ausschüsse zum Minderheitenrecht zu machen, endlich umzusetzen. Jedenfalls will sie die Umsetzung der Vereinbarung zur Koalitionsbedingung machen.
Die Verhandlungen darüber ruhen seit März 2011. Damals hatte man sich bereits darauf geeinigt, dass sowohl die Einsetzung von U-Ausschüssen als auch Beweisbeschlüsse und Zeugenladungen Minderheitenrecht werden sollen. Gespießt hat es sich an der Schiedsinstanz: Während ÖVP, Grüne und BZÖ den Verfassungsgerichtshof (VfGH) als Schlichtungsstelle wollten, wehrten sich SPÖ und FPÖ dagegen.
FPÖ-Mandatar Peter Fichtenbauer schlug vor, ein Gremium aus den drei Präsidenten von Verfassungs-, Verwaltungs- und Oberstem Gerichtshof mit strittigen Fragen zu betrauen. Später lenkte er ein und meinte, man könne bei Grundsatzfragen den VfGH anrufen. Fehlt also nur noch die Zustimmung der SPÖ. Doch bereits vergangene Woche hatte SPÖ-Fraktionsführer Otto Pendl gegenüber der "Wiener Zeitung" das Nein der SPÖ zu einer Einbindung des VfGH wiederholt.
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer drängt zwar auf eine rasche Lösung, will aber erst dann wieder das Geschäftsordnungskomitee befassen, wenn die Klubs eine Annäherung signalisieren. Am Mittwoch wird sich bei einem Treffen der Fraktionsführer in ihrem Büro aber erst einmal entscheiden, ob der aktuelle U-Ausschuss beendet wird.
Gänzlich unerwähnt ließ Glawischnig in ihrer Rede am Tulbinger Kogel übrigens Peter Pilz. Der grüne Sicherheitssprecher, der sich selbst gerne als Aufdecker positioniert, weilt derzeit in Rhodos. Er schoss die Parteichefin zuletzt scharf an, weil sie sich auf ihrer Sommertour mit Faymann traf. Die Grünen beraten noch bis Dienstag über ihre Strategie - auch für vorgezogene Neuwahlen. Erklärtes Wahlziel: "Mehr als die Umfragen." Und die liegen derzeit bei 12 bis 15 Prozent.