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Grüne Muslime stürzen Stockholm in Krise

Von WZ-Korrespondent André Anwar

Politik

In Schweden leidet die rot-grüne Minderheitsregierung an den Skandalen grüner Muslime, die radikale Positionen vertreten.


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Stockholm. (ce) Schwedens Grüne stecken in einer tiefen Krise. Parteivorsitzende und Vizeregierungschefin Asa Romson hat am Dienstag angekündigt, möglicherweise beim Mitte Mai stattfindenden Parteikongress zurückzutreten. Die Grüne Partei regiert Schweden seit Herbst 2014 zusammen mit den Sozialdemokraten und muss nun mehrere Skandale verdauen.

Zunächst musste der türkischstämmige Wohnungsbauminister und ehemalige Sprecher des schwedischen muslimischen Rates Mehmet Kaplan gehen. Er hatte mit Türken der rechtsradikalen Grauen Wölfe zu Mittag gegessen und fragwürdige Erklärungen abgegebenen. So hatte er 2009 behauptet, dass die Israelis die Palästinenser so behandeln, wie die Deutschen die Juden in den 30er Jahren. Und im Sommer 2014 hatte er Dschihadisten aus Schweden, die in den Krieg nach Syrien gehen, mit Freiheitskämpfern aus dem Zweiten Weltkrieg verglichen. Die sozialdemokratische Ex-Parlamentsabgeordneten Nalin Pekgul beschuldigte Kaplan, angeblich eine geheime islamistische Agenda zu verfolgen.

Kurz nach Mehmet Kaplan kam es gleich zum nächsten Skandal. Der grüne Politiker Yasri Khan weigerte sich, einer Fernsehjournalistin bei einem Interview die Hand zu geben, weil sie eine Frau ist. Khan, der auch Generalsekretär der Organisation "Schwedische Muslime für Frieden und Gerechtigkeit" ist, trat daraufhin mit der Forderung nach mehr Toleranz gegenüber seinem Glauben in Schweden aus der Partei aus.

Verbindungen zu Salafisten

Im dritten Fall geht es um den grünen Lokalpolitiker Kamal al-Rifai aus Malmö. Laut der Zeitung "Sydsvenskan" hatte er den bekannten Salafisten und vermeintlichen Mentor von Osama bin Laden, Salman al-Ouda, nach Malmö zu einer Gala für syrische Kinder eingeladen. Al-Ouda hat zwar Abstand von Terrorgruppen genommen, fordert aber weiterhin die friedliche Durchsetzung der Scharia. Al-Rifai kündigte an, eine Pause als Parteimitglied der Grünen einzulegen.

In ihrem Bemühen um Integration und Gleichstellung der muslimischen Minderheit könnten Schwedens Grüne teilweise durch Islamisten infiltriert worden sein, behaupten nun Kritiker wie Lars Nicander, Experte für "asymmetrische Bedrohungen" von der schwedischen Militärhochschule gegenüber dem Sender TV4. Nicander zieht dabei Parallelen dazu, wie die Sowjetunion einst versucht habe, Organisationen im Westen zu infiltrieren.

Insgesamt herrscht in Schweden bei den drei Skandalen jedoch das Bild vor, dass es sich um Einzelfälle gehandelt habe. Dinge seien aus dem Zusammenhang gerissen wurden, heißt es bei den Grünen.

Doch Schwedens Grüne haben in ihrer eineinhalbjährigen Amtszeit auch den Kampf um ihre Kernthemen weitgehend verloren. Noch im Wahlkampf versprachen sie die Stilllegung der deutschen Braunkohleanlagen des staatlichen Energiekonzerns Vattenfall. Nun wurden die Anlagen stattdessen an die tschechische Energiefirma EPH verkauft. Auch in ihrer großzügigen Flüchtlingspolitik knickten die Grünen ein. Vorsitzende Romson weinte, als sie zum Jahreswechsel gemeinsam mit Ministerpräsident Stefan Löfven eine weitgehende Schließung der Grenzen für Flüchtlinge bekanntgeben musste. Die rot-grüne Minderheitsregierung ist teils auf die Stimmen der bürgerlichen Opposition angewiesen.

Der grüne Parteiveteran Birger Schlaug erkennt seine einst aus Idealisten bestehende Protestpartei aus den 1980er und 1990er Jahren nicht wieder. Die Grünen hätten sich durch auf ihre berufliche Karriere fokussierende Parteizuchthühner, die heute in der Parteimehrheit seien, völlig entstellt, sagt Schlaug. Der Vorschlag des ehemaligen Parteivorsitzenden: Die derzeitige Führung müsse durch eine ersetzt werden, die Kernwerte wieder verteidigt.