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Grüne rechnen mit Koalitionspartner unter Kurz ab

Von Patrick Krammer

Politik

Als erste Fraktion legen die Grünen den Abschlussbericht des ÖVP-U-Ausschusses vor. Er sei das "Protokoll einer großen Täuschung".


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Die Grünen waren die Ersten, die ihren Abschlussbericht zum ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss vorstellten. Bei einer Präsentation am Donnerstagvormittag meinte Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli aus Vorarlberg, dass man darin aufgezeigt habe, "wie ein kleiner Machtzirkel rund um Ex-Kanzler Sebastian Kurz das ganze Land getäuscht hat". Das sind Aussagen, die Tomaselli und der zweite Grünen-Abgeordnete im U-Ausschuss, David Stögmüller, schon während dem Aktenstudium und den Befragungen trafen.

Dementsprechend benannt ist auch der Bericht: "Protokoll einer großen Täuschung". Auf insgesamt 91 Seiten listen die Grünen in fünf Kapiteln die großen Themen auf, die den U-Ausschuss beschäftigt haben. Von Inseraten und Auftragsvergaben hin zur "Spezialbehandlung für Superreiche" und Postenschacher. Jedes Kapitel besteht aus den behandelten Einzelfällen. "Sie haben manipuliert, mit frisierten Umfragen und mit Steuergeld finanzierten Inseraten", sagte Tomaselli etwa zum ersten Kapitel.

Kaum Signale für Russland-U-Ausschuss

Auch die Russlandpolitik der ÖVP bekommt mit "Kuschelkurs mit Putin" ein eigenes Kapitel, in dem sich die Grünen mit der türkis-blauen OMV-Strategie ebenso auseinandersetzen wie mit Russland-Reisen prominenter ÖVP-Politiker. Es gibt sogar einen eigenen Exkurs über den Einfluss von Sigfried Wolf, den sie als "Putin-Versteher und Kurz-Freund" bezeichnen.

Österreich sei von Kurz und seinem engsten Kreis in eine gefährliche Situation manövriert worden, so Tomaselli mit Verweis auf die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Versorgungskrise mit Energie. Für die Grünen ist die Russland-Politik der Vergangenheit deshalb ein Thema, das einen eigenen U-Ausschuss tragen würde. Man habe bei den anderen Fraktionen vorgefühlt und nur von den Neos positive Signale bekommen, meinte Tomaselli. Das wäre allerdings nicht genug. Die Minderheit kann zwar einen U-Ausschuss einsetzen, dafür braucht es aber mindestens ein Viertel der Abgeordneten.

Auf Anfrage der "Wiener Zeitung" meinte die SPÖ, dass man sich über mögliche zukünftige Themen erst nach Ende des ÖVP-U-Ausschusses Gedanken machen wolle. Dass die Grünen der Opposition Vorschläge machen, findet man indes merkwürdig, "denn die Regierungsparteien können jederzeit einen Mehrheitsausschuss machen", so die SPÖ.

Auch die FPÖ gibt an, noch mit der Aufarbeitung des ÖVP-U-Ausschusses beschäftigt zu sein, man sei für "konkrete Vorschläge" aber offen. Die FPÖ könne sich unter anderem eine "Aufarbeitung der Vorgänge um Corona" vorstellen, heißt es aus der Partei.

Eine Absage kommt von ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger. Schon der jetzige U-Ausschuss habe gezeigt,  "die OMV kann nicht U-Gegenstand sein", da man auf privatwirtschaftliche Unternehmen keinen Zugriff habe.

Neos kritisieren "grüne Lippenbekenntnisse"

So sehr Tomaselli die Neos für ihre Bereitschaft eines Russland-Schwerpunktes lobte, so sehr hagelte es andersrum Kritik der Neos: In einer Aussendung kritisierte Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper, dass die Grünen am vorangegangenen Plenartag Neos-Anträgen für strengere Korruptionsgesetze, einem Informationsfreiheitsgesetz und der Einführung einer Bundesstaatsanwaltschaft nicht zugestimmt hätten. "Das Problem der Grünen ist aber, dass es in Sachen sauberer Politik eben bei Lippenbekenntnissen auf Pressekonferenzen bleibt. Interesse an den notwendigen Reformen haben sie offenbar nicht", so Krisper, die Tomaselli gleichzeitig zugestand, im ÖVP-U-Ausschuss auf "der Seite der Aufklärung" gestanden zu sein.

Tomaselli dürfte das anders sehen: Im Abschlussbericht werden Gesetzesänderungen wie "gläserne Parteikassen" und strengere Korruptionsbestimmungen positiv hervorgehoben.