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Grüne Trittbrettfahrer

Von Barbara Ottawa

Wirtschaft

Soziales Investieren ist zum Millionengeschäft geworden. Darum müssen Anleger genau schauen, ob der grüne Anstrich vielleicht schon abblättert.


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Wolfgang Pinner ist zufrieden: 2010 ist der Anteil der Gelder, die in Österreich nach sozialen und grünen Kriterien veranlagt werden, um 17 Prozent auf 2,43 Milliarden Euro gestiegen. Das sind zwar noch immer nur 1,7 Prozent aller investierten Gelder, aber er ist überzeugt, dass es weiter bergauf gehen wird.

Pinner ist bei der Erste-Sparinvest für nachhaltige Kapitalanlagen zuständig. Die Tochtergesellschaft "Vinis" berechnet den VÖNIX-Index aus einem Korb mit "nachhaltigen" österreichischen Unternehmen. Das Problem, das Kritiker sehen: Aufgrund der Kleinheit des österreichischen Marktes kann nur ein "Best in Class"-Ansatz angewandt werden. Das heißt, dass jene Firmen aufgenommen werden, die besser sind als ihre Konkurrenten, auch wenn sie in Summe nur wenig nachhaltig sind.

Problematisch kann es auch bei Investitionsmöglichkeiten wie Wäldern oder Mikrokrediten werden, denn gerade hier tummeln sich viele Anbieter, die die Großzügigkeit der Investoren ausnützen.

Gerade im Bereich Mikrokredite, die meist wegen des hohen Verwaltungsaufwands zu relativ hohen Zinsen an Menschen vergeben werden, die keinen Bankzugang haben, haben Kredithaie immer wieder Schlagzeilen gemacht.

Christian Rauscher, Geschäftsführer der Wallberg SA, die selbst einen Mikrokredit-Fonds aufgelegt hat, verlangt einen "Ausbau der Transparenz im Mikrofinanzuniversum".

"Hier ist es wichtig, die Wirkungsweise von Mikrofinanz aufzuzeigen und zu messen, aber auch Wildwuchs, geschürt durch unkontrollierte und extrem wachstumsorientierte Kreditpolitik, wie wir ihn in Nicaragua, Indien und Bosnien gesehen haben, zu bekämpfen", erläutert Rauscher.

Ein anderer Bereich, der oft grüner wirkt als er ist, sind Baum- und Waldinvestitionen, bei denen in der Vergangenheit zum Beispiel Palmöl-Monokulturen weite Landstriche zerstört haben.

Harry Assenmacher hat sich mit seiner Firma ForestFinance deshalb auf tropische Mischwälder spezialisiert. Seine Firma ist nach dem Forest Stewardship Council-Kodex zertifiziert, der einerseits die Umweltverträglichkeit Holz verarbeitender Betriebe misst, andererseits soziale Aspekte wie faire Entlohnung.

Assenmacher warnt, dass nicht alle Zertifizierungen aussagekräftig sind. So hat er etwa nicht um das "FairTrade"-Zeichen angesucht, da es zwar einen höheren Produzentenpreis und bessere Arbeitsbedingungen garantiert, aber keine Umweltstandards einfordert.

Wer also mit gutem Gewissen anlegen will, hat es nicht leicht, die Spreu vom Weizen zu trennen. Apropos: Die Allianz unterzieht im kommenden Jahr die vom WWF zusammengestellten rund 1000 Investmentbewertungskriterien, die die ökologische, soziale und ökonomische Leistung von Unternehmen und Staaten messen sollen, einem Praxistest.

Barbara Ottawa ist freie Journalistin und berichtet vorwiegend über Investitionen und Pensionskassen.