Vassilakou bietet Häupl an, abseits des Wahlkampfes schon jetzt gemeinsame Inhalte festzulegen, "um den Wählern eine Perspektive zu geben" - und der SPÖ zu helfen, nach dem Burgenland ihre Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.
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Wien. Plötzlich dürfte es den Grünen klar geworden sein, dass sie nach der Wahl im Oktober aus der Stadtregierung fliegen könnten: Einen Tag, nachdem die Grünen ein neues Plakat präsentierten, auf dem die Bildungspolitik der SPÖ kritisiert wird, erklärte Maria Vassilakou am Dienstag, dass sie sich ein Koalitionsbekenntnis von der SPÖ wünschen würde.
"Ich möchte ein Angebot an die SPÖ richten: Lasst uns gemeinsam konkrete Inhalte für die Zeit nach der Wahl festlegen, lasst uns damit in die Wahlauseinandersetzung gehen, und lasst uns damit den Wienerinnen und Wienern eine konkrete Perspektive geben", so die Vizebürgermeisterin.
Als möglichen Mehrwert für die SPÖ brachte sie unter anderem das Argument der Glaubwürdigkeit der SPÖ ins Spiel - immerhin sei diese seit der Ankündigung der Koalition mit der FPÖ im Burgenland stark in Mitleidenschaft gezogen worden. "Der Glaubwürdigkeitsverlust der SPÖ ist groß. Und der wird auch so groß bleiben, solange man nicht die Karten auf den Tisch legt und sagt, wie es nach der Wahl weitergehen soll", meinte Vassilakou.
Zwar traue sie der roten Regierungsspitze, wenn sie eine Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen ausschließe, "aber für die anderen würde ich nicht meine Hand ins Feuer legen", so die grüne Politikerin weiter. Auf die Frage, wer denn innerhalb der Wiener SPÖ den Blauen zugetan wäre, meinte Vassilakou, dass es nicht darum gehe, hier Einzelpersonen vorzuführen - "es gibt sie, und sie sind auch gar nicht so wenige". Lediglich ein Name kam ihr in diesem Zusammenhang über die Lippen: der ehemalige SPÖ-Mandatar und nunmehrige Politikberater Joe Kalina - ihn bezeichnete sie als "treibende Kraft in diese Richtung".
Das Problem, das Vassilakou mit der FPÖ habe, sei nicht an erster Stelle dem Umstand geschuldet, dass diese die Gesellschaft spalte, Hetze gegen sozial Schwache betreibe oder für das Kärntner Hypo-Debakel verantwortlich zeichne. "Sondern, dass sie historisch und bis heute ungebrochen die politische Heimat des Rechtsextremismus in Österreich ist." Es sei kein Zufall, dass gerade auf FPÖ-Veranstaltungen manchen Menschen "die Hand in die Höhe rutscht". Und fatal sei, dass die FPÖ gerade an diese Menschen auch Mandate vergebe.
Zweiter Vorschlag an enttäuschte SPÖler
Die SPÖ habe sich hingegen historisch als "antifaschistisches Bollwerk" verstanden. "Dass man sich also mit solchen Elementen nicht abgibt, muss für die SPÖ eine Haltungsfrage sein. Und wer sich von ihren Gnaden zum Bürgermeister oder Landeshauptmann küren lässt, stellt den Machterhalt über die eigene Haltung", betonte Vassilakou. Und genau das sei es, was "tausende Sozialdemokraten" in den vergangenen Tagen verunsichert habe.
Deswegen richtete Vassilakou auch ein zweites Angebot an "enttäuschte SPÖ-Sympathisanten": Bevor diese aus Frust im Herbst nicht zur Wahl schreiten, sollten sie lieber die Grünen wählen. Es hätten sich schon viele besorgte SPÖ-Wähler bei ihrer Partei gemeldet, die wissen wollten, wie es jetzt weitergehen werde. Mit einer rot-grünen Perspektive könnte man diese Wähler beruhigen, ist die grüne Vizebürgermeisterin überzeugt.
Trotzdem scheint für Vassilakou klar zu sein, dass es im Herbst nur zwei Möglichkeiten geben könne: entweder Rot-Schwarz oder Grün-Schwarz. Naturgemäß würde sie letztere Variante bevorzugen, wie sie betonte. Zumal es hier viel mehr Gemeinsamkeiten gäbe. Geht es also nach den Vorstellungen der Wiener Grünen-Chefin, sollen nun "ein paar gemeinsame rot-grüne Schwerpunkte" vereinbart werden - etwa zu den Themen Bildung, Wohnbau, Soziales und Asyl -, um daraus gegebenenfalls nach der Wahl ein Koalitionsabkommen zu machen. Eine solche Perspektive bereits vor einer Wahl zu haben, wäre laut Vassilakou ein Novum.
Dass die Wähler in der Steiermark mit Rot-Schwarz eine ähnliche Perspektive hatten und es trotzdem nicht funktioniert hat, erklärte die grüne Vizebürgermeisterin mit den Unterschieden der politischen Arbeit in den beiden Bundesländern: In Wien habe man den Gratis-Kindergarten eingeführt, in der Steiermark habe man ihn abgeschafft. In Wien habe Rot-Grün die Sozialleistungen erhöht, in der Steiermark habe man sie gekürzt.
SPÖ will von Vassilakous Wünschen nichts wissen
SPÖ-Klubchef Rudolf Schicker erteilte am Dienstag Vassilakous Vorschlägen postwendend eine Absage: "Nur eine starke Wiener SPÖ ist Garant für ein Freiheitlichen-sauberes Wien", stellte Schicker klar. "Wer Strache nicht will, der muss Häupl wählen." Vielmehr seien die Wiener Grünen aufgefordert, Klarheit zu schaffen. "Denn sie haben schon zweimal mit den Freiheitlichen gekungelt", meinte der SPÖ-Klubchef mit Blick auf den gescheiterten Versuch der Grünen, eine Wahlrechtsreform gegen den Willen der SPÖ, aber mit Unterstützung von ÖVP und FPÖ zu stemmen.
"Die Grünen sollten lieber arbeiten statt paktieren", erklärte FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus in einer ersten Reaktion. Und für Wiens ÖVP-Chef Manfred Juraczka wäre es ohnehin Zeit für einen Kurswechsel: "Wiens wirtschaftliche Situation braucht dringend den bürgerlichen Hausverstand."