Wien. Die Grünen haben den Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler (B) wegen der Ortstafelverrückung im Jahr 2006 neuerlich angezeigt. Die Einstellung des Verfahrens wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs in diesem Fall hat eine Debatte über die Objektivität der Justiz ausgelöst.
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Slowenenorganisationen stellten daraufhin zwar einen Fortführungsantrag, der Grünen-Minderheitensprecher Wolfgang Zinggl ist allerdings der Meinung, dass der Antrag auf Fortführung des Verfahrens keine optimal geeignete Maßnahme ist, den Fall Dörfler neu aufzurollen oder zu überprüfen.
Lediglich eine neuerliche Anzeige könne der Argumentation der Staatsanwaltschaft Klagenfurt entgegentreten, erklärte Zinggl in einer Aussendung. Denn bei der Wiederaufnahme des Verfahrens prüfe der Richtersenat lediglich die formale Richtigkeit des vorangegangenen Verfahrens, an der Zinggl aber keineswegs zweifle. Würde der Fortführungsantrag dann abgewiesen werden, entstünde "der Eindruck sachlicher Rechtschaffenheit".
Zinggl argumentiert in seiner neuen Anzeige, Dörfler habe öffentlich zugegeben, "nicht nur in der Vergangenheit wissentlich und absichtlich geltendes Verfassungsrecht und Verfassungsgerichtserkenntnisse ignoriert" zu haben. Seiner Ansicht nach hat Dörfler damit Amtsmissbrauch begangen. Das Justizministerium hatte die Einstellung des früheren Verfahrens damit begründet, dass Dörfler kein Schädigungsvorsatz nachgewiesen werden konnte. Denn strafbar wegen Amtsmissbrauch sei nur der Beamte, der seine Befugnis wissentlich missbraucht und dabei mit dem Vorsatz handelt, konkrete Rechte anderer - etwa Angehörige einer Minderheit - zu schädigen.
Slowenen kritisieren Bandion-Ortner
Der Rat der Kärntner Slowenen hat am Montag heftige Kritik an Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (V) wegen der Einstellung des Verfahrens gegen den Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler (B) geübt. Ihre Begründungen für diesen Schritt seien "absurd"; kritisierte der Rechtsanwalt und stellvertretende Ratsobmann Rudi Vouk. Der Rat wirft der Justiz massive Beeinflussung der Politik vor und hat deshalb bei der Korruptions-Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet.
Er fühle sich regelrecht "verarscht", sagte Vouk bei einer Pressekonferenz. Die Vorgangsweise der Justiz sei "ein Rückfall in Zeiten vor der bürgerlichen Revolution und vor der Demokratie". Bandion-Ortner habe in den vergangenen Tagen mehrere verschiedene Begründungen für die Einstellung des Amtsmissbrauch-Verfahrens gegen Dörfler vorgebracht, von denen seiner Ansicht nach keine einzige haltbar sei. Die neueste Variante, wonach ja kein Schaden entstanden sei, verstehe er noch weniger als die vorherigen. Vouk: "Ist die Rechtsordnung kein schützenswertes Gut?"
Es sei schon richtig, dass Angehörige der Minderheit kein "subjektives Recht" auf die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln habe, so Vouk. "Genau deshalb fordern wir seit Jahrzehnten ein Verbandsklagerecht." Dies werde der Volksgruppe vorenthalten, um sich dann darauf zu berufen. "Wir werden immer wieder verhöhnt", kritisierte Vouk.