)
Ministerium vermutet "politisches Kalkül", Pilz erwartet neuen U-Ausschuss.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Der Grüne Peter Pilz erhöht den Druck in Sachen Eurofighter-Aufklärung. In einer Pressekonferenz am Dienstag bezeichnete er Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) als "verhaltensauffällig" und äußerte neue brisante Verdächtigungen. Durch sein Zögern angesichts neuer Verdachtsmomente mache sich Minister Darabos zum "Komplizen von Eurofighter und EADS". Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" nannte der ehemalige Eurofighter-U-Ausschuss-Vorsitzende die Motive von Darabos’ Amtsführung "völlig unerklärlich".
Darüber hinaus verdächtigt Pilz mehrere Beamte im Verteidigungsministerium der Bestechung. Konkret bezichtigt er die Beamten der "Beteiligung an Manipulationen". Sie seien zum Großteil heute noch im Dienst, so Pilz. Zwar gebe es keine Beweise für Geldflüsse, dennoch müsse die Situation geklärt werden. "Da ist Minister Darabos aber nicht gerade eine Hilfe. Das will der Minister nicht", kritisiert Pilz.
Konkrete Beweise für seine Beschuldigungen bleibt Pilz - noch - schuldig. Er kündigt aber an, in den kommenden Wochen die Ergebnisse seiner Recherchen der Staatsanwaltschaft übergeben zu wollen. "Diese Beamten bekommen mit Sicherheit ein Dienstverfahren", so seine Prognose. Auf seiner Website zeigte sich der Grüne überzeugt, dass Österreich ohne finanziellen Schaden aus dem Eurofighter-Vertrag aussteigen könne. Er widerspricht damit der Einschätzung des ehemaligen Rechnungshof-Präsidenten Franz Fiedler, der mit beträchtlichen Kosten bei einem Ausstieg rechnet. Für Pilz steht jedoch fest: "Wenn Korruption nachgewiesen wird, haftet Eurofighter gemeinsam mit EADS als ,Bieterseite‘ für alles, was das BMLV (Verteidigungsministerium, Anm.) in das Projekt ,Eurofighter‘ investiert hat."
"Wir wissen nicht, um wen es geht"
Günther Kräuter, ehemaliger U-Ausschuss-Kollege von Pilz, weist dessen Angriffe entschieden zurück. "Die Angriffe gehen ins Leere, Darabos hat unmissverständlich festgestellt, dass sich im Falle des Nachweises von Schmiergeldflüssen alle gesetzlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Republik Österreich schadlos zu halten", so Kräuter. Es gelte, die lückenlose Klärung des komplexen Sachverhalts abzuwarten.
Entrüstet reagiert das Verteidigungsministerium auf die Verdächtigungen von Pilz. Im Büro von Minister Darabos spricht man von "politischem Kalkül, um einen integren Minister ins Korruptionseck zu stellen". Jede Anschuldigung ohne entsprechende Fakten sei auf das Schärfste zurückzuweisen. "Wir haben extra Kontakt zur Staatsanwaltschaft aufgenommen und nachgefragt, ob Beamte des Ministeriums betroffen sind. Dem ist nicht so." Zudem sei unbekannt, welche Beamten überhaupt beschuldigt würden. "Wir wissen nicht, um wen es geht."
Keine Ermittlungen gegen Beamte und Politiker
Die ermittelnde Staatsanwaltschaft Wien bestätigt die Aussagen des Ministeriums. Es gebe aktuell "keine Ermittlungen gegen Beamte oder Politiker", erklärt man dort auf Nachfrage. Im Ministerbüro unterstütze man jedenfalls eine umfassende Aufklärung der Vorwürfe. Darabos wäre "der Erste, der losschlägt wenn Fakten auf dem Tisch sind".
Zudem wird Pilz eine bewusste Falschmeldung vorgeworfen. Es geht dabei um die Frage, ob der Minister bei dem im Jahr 2007 geschlossenen Vergleich mit Eurofighter auf die Ausstiegsklausel verzichtet haben könnte. Die Vertragsdetails sind bis heute streng geheim und nur einem kleinen Personenkreis bekannt. Aus dem Ministerbüro heißt es dazu, dass "die Klauseln im Eurofighter-Vertrag zu Schmiergeld, Korruption und Preisabsprachen voll wirksam sind und greifen". Pilz wiederum "möchte endlich den sogenannten ‚Vergleich‘ des Ministers sehen".
Ein weiterer Aspekt des Eurofighter-Komplexes tritt zunehmend in den Vordergrund: die Rolle des Magna-Konzerns. "Wir wissen heute wesentlich mehr. Magna ist eine Schlüsselgeschichte", so Pilz. Er kündigt an, sich in den kommenden Wochen verstärkt Magna widmen zu wollen. Noch etwas steht für den Grünen außer Zweifel: Die Thematik verlange jedenfalls nach einer neuerlichen parlamentarischen Initiative. "Ein U-Ausschuss wird sicher kommen, dazu gibt es keine Alternative. Aber nicht sofort, die Recherchen sind noch lange nicht abgeschlossen."