Als zweifacher Familienvater und Besitzer eines Bauernhofes weiß Josef Schmidinger, wovon er redet, wenn es um das Thema "Wohnraumschaffung und -sanierung" geht. Seit Mai dieses Jahres ist der geborene Wolfsburger Generaldirektor der s-Bausparkasse und wacht in dieser Funktion gemeinsam mit seinen rund 350 Mitarbeitern über 1,46 Millionen Bausparverträge.
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Auf die Frage, ob er denn selbst auch zur großen Gemeinde der österreichischen Bausparer gehöre, kommt wie aus der Pistole geschossen die Antwort: "Natürlich! Ich habe meinen ersten Bausparvertrag 1974 abgeschlossen." Seitdem habe er den Vertrag immer wieder verlängert, sagt Schmidinger und gesteht: "Einmal habe ich einen 'Bausparer' vorzeitig auflösen müssen, weil ich das Geld für eine Wohnung gebraucht habe."
Mittlerweile plagen den 46-jährigen Doktor der Rechte und Neo-Generaldirektor solche Sorgen nicht mehr. Eher gibt ihm das Image der Bausparkassen zu denken, und das, obwohl der Bausparvertrag nach wie vor die beliebteste Anlageform der Österreicher ist, und auch die Nachfrage nach Bauspardarlehen im ersten Halbjahr wieder einen kräftigen Sprung nach vorne gemacht hat. "Die Bausparkasse wird in den Köpfen der Kunden negativ erlebt", ist Schmidingers Eindruck. Früher sei es der Bausparkunde gewohnt gewesen, bei seinem Institut als Bittsteller vorzusprechen und unter Umständen lange Wartezeiten in Kauf nehmen zu müssen, ehe er sein heiß ersehntes Darlehen erhielt. Heute profitieren die Konsumenten vom Zinsenwettbewerb der Banken, und niemand braucht mehr um einen Kredit zu bitten. Was werden also die Bausparkassen tun, um neue Kundengruppen zu erschließen bzw. bestehende Kunden zu erhalten? Sollen die heimischen Bausparkassen gar - so wie in Deutschland auch - mit dem Slogan "Bausparen ist cool und clever" werben? Schmidinger winkt ab. Solche Sprüche würden in Österreich nicht gut ankommen. Erfolg verspricht man sich hingegen von innovativen Bausparprodukten, etwa in Verbindung mit privater Altersvorsorge. "Das Geld der Bausparkassen bleibt in Österreich und fließt in die österreichische Wirtschaft", sagt Schmidinger und unterstreicht damit die volkswirtschaftliche Bedeutung dieser beliebten Sparform.
Seinen Mitarbeitern will Schmidinger vor allem eines vermitteln: "Hohe Menschlichkeit". Er selber sei "kein Freund des Turbokapitalismus", sagt er. Schmidinger ist schon beinahe ein "Urgestein" im heimischen Sparkassensektor. Nach seiner Tätigkeit als Uni-Assistent am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht landete er im Jahr 1980 "durch Zufall" in der - damals noch - "Ersten österreichischen Spar-Casse-Bank" als juristischer Referent in der Abteilung "Allgemeine Rechtsangelegenheiten", wo ihm 1986 die Leitung übertragen wurde. 1990 übernahm er die Leitung des Geschäftsfeldes Wohnbau & Immobilien, 1994 wurde er Vorstand der s-Wohnbaubank. 1997 wurde Schmidinger zum Vorstandsmitglied in der s-Bausparkasse bestellt, wo er im Mai 2001 Josef Rapp (58) als Generaldirektor ablöste.
In einer Landwirtschaft aufgewachsen, ist der Vater eines 22-jährigen Sohnes und einer 17-jährigen Tochter ein sehr naturverbundener Mensch und legt großen Wert auf "biologisch leben" und den bewussten Umgang mit den Ressourcen. Schmidinger verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die s-Bausparkasse den Lehrgang für Solararchitektur an der Donauuniversität unterstützt. Der eigene Bauernhof macht viel Arbeit - aber auch viel Freude. "Geschichtsorientierte Bücher" sind ein weiteres Hobby des Juristen. Und er philosophiert oft: "Wie packen wir dieses Zeitalter?" Auf jeden Fall mit viel Beharrlichkeit - ob im Beruf oder privat.