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Grüner Strom für Erdöl-Förderung

Von Michael Ortner

Wirtschaft
Auf dem OMV-Areal im Weinviertel nahe Gänserndorf sollen bis Ende des kommenden Jahres 45.000 Photovoltaik-Module grünen Strom erzeugen.
© WZ, Michael Ortner

OMV und Verbund errichten die größte heimische Photovoltaik-Anlage im Weinviertel. Greenpeace ortet "Greenwashing".


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Etwas verloren sehen die sechs Solarmodule auf der Wiese aus. An Holzpfosten gelehnt strahlt sie die Sonne an. Noch produzieren sie daraus keinen Strom. Die Module wurden nur zu Präsentationszwecken aufgestellt. Ende November soll sich das aber ändern.

Nach den Plänen von OMV und Verbund soll es dann nur so glitzern. Der Energiekonzern und der Stromerzeuger haben sich zusammengeschlossen, um im Nordosten von Wien die größte Photovoltaik-Anlage Österreichs zu errichten. Auf einer Fläche von rund 20 Fußballfeldern sollen insgesamt 45.000 Solarmodule mit einer Gesamtleistung von 14,85 MWp (Megawattpeak) gebaut werden. In der ersten Bauphase werden bis Ende des Jahres die ersten 34.600 PV-Module aufgestellt. Weitere 10.400 sollen bis Ende 2021 in Betrieb genommen werden.

Die Kosten von zehn Millionen Euro teilen sich beide Unternehmen je zur Hälfte - und finanzieren sie aus eigener Tasche, ohne Förderungen von Bund und Land Niederösterreich. Eine Investition in die Zukunft: Die Anlage soll eine Lebensdauer von 40 bis 50 Jahren haben.

Die OMV schlägt mit dem Pilotprojekt den Weg Richtung erneuerbare Energie ein. "Wir sind größter Stromproduzent in Österreich aber wahrscheinlich auch der größte Stromverbraucher", sagt OMV-Chef Rainer Seele bei der Präsentation auf dem OMV-Areal in Schönkirchen bei Gänserndorf. In Zukunft wolle der Energiekonzern "weniger Öl verbrennen und mehr Öl veredeln" und die CO2- Emissionen weiter senken, betont Seele.

Nach dem Stahlkonzern voestalpine ist die OMV das Unternehmen mit den zweitgrößten CO2-Emissionen hierzulande. 2019 waren es laut Emissionshandelsregister drei Millionen Tonnen CO2. Die PV-Anlage ist ein erster Schritt zur Reduktion von Emissionen, wenn auch einer mit begrenzter Wirkung. 10.000 Tonnen CO2 sollen im Endausbau eingespart werden. Bis 2030 will Österreich den gesamten heimischen Stromverbrauch aus Erneuerbaren decken. Dazu bräuchte es laut Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber 1800 solcher Anlagen. Daher seien Kooperationen mit Bürgern, Gemeinden und Industrieunternehmen nötig.

Der Strom, den die Module erzeugen, könnte 4400 Haushalte versorgen. Wird er aber nicht. Denn die OMV braucht den Strom selbst. Unter anderem nutzt man den grünen Strom zur Ölförderung und für die Wasseraufbereitungsanlage.

In der Nacht muss Strom zugekauft werden

Zehn Prozent des Strombedarfs der OMV im Weinviertel soll die PV-Anlage decken. Strom liefern sie nur tagsüber. "In der Nacht müssen wir Strom von außen zukaufen", sagt Reinhard Oswald, Geschäftsführer der OMV Exploration & Production, zur "Wiener Zeitung". Von 9 bis 15 Uhr könnten die Module 80 bis 90 Prozent des Bedarfs decken. 100 Prozent seien laut Oswald technisch nicht möglich.

Das Gelände in Schönkirchen drängte sich für die Anlage förmlich auf. Die OMV ist Eigentümer und lagert hier nach einer eingehenden Reinigung das Gestein aus der Öl- und Gasförderung. Unter der Wiese, auf der die Anlage entstehen soll, lagert Gestein aus 70 Jahren Bergbau. Das Gelände liegt seit Jahrzehnten brach.

Warum wurde nicht schon früher Photovoltaik installiert? "Renewables sind ja nicht unser Kerngeschäft. Wir wollen solche Projekte ohne Förderung wirtschaftlich umsetzen", sagt Oswald. "In ein paar Jahren könnten hier vielleicht PV-Module mit einer Leistung von bis zu 30 MWp einstalliert werden."

Kooperation über Photovoltaik hinaus

Oswald sieht das Projekt als Initialzündung. "Wir denken darüber nach, Tankstellen oder auch die Raffinerien mit PV-Strom zu versorgen", sagt der Diplomingenieur. Dazu wären jedoch viel größere PV-Anlagen die Voraussetzung.

Eine weitere Anlage wird für das Deponie-Gelände Mühlberg bei Altlichtenwarth (NÖ) im nördlichen Weinviertel erwogen. Im Ausland kämen etwa Rumänien, Norwegen oder Neuseeland in Frage. "Wir schauen uns an, wo wir geeignete Flächen zur Verfügung haben", sagt OMV-Upstream-Vorstand Johann Pleininger.

Der Energiekonzern und Verbund planen, über Photovoltaik hinaus zusammenzuarbeiten. OMV-Chef Seele sieht etwa in der Wasserstoff-Technologie großes Potenzial. "Da werden wir uns mehrere Projekte ansehen." Seele verwies auf eine Kooperation von OMV, Verbund, dem Chemiekonzern Borealis und dem Zementkonzern Lafarge für eine Anlage zur Abscheidung und Nutzung von CO2, die bis 2030 errichtet werden soll. Die Zement-Herstellung zählt zu den CO2-intensivsten Industrien. Mit dem Verfahren soll CO2 eingefangen und als Rohstoff, etwa für die Herstellung von Methanol genutzt werden, so Seele.

Daneben plant die OMV große Investitionen in Recycling und will sich in der Abfallwirtschaft engagieren. "Die Kreislaufwirtschaft ist das Zukunftsmodell", sagt Seele.

Elisabeth Köstinger (ÖVP), die neben Agrar und Regionen auch für den Bergbau zuständig ist, spricht sich für den Ausbau der dezentralen Energieerzeugung, aber auch für ein Mehr an Speichertechnologien aus, da in der Stromerzeugung die Wasserführung schwanke und Wind nicht immer zur Verfügung stehe.

"Greenwashing"-Vorwurf von Umweltaktivisten

Kritik an den Photovoltaik-Plänen von OMV und Verbund kommt von Greenpeace und der Fridays-for Future-Bewegung. Die Umweltaktivisten werfen den Unternehmen vor, nur eine "Scheinlösung" zu bieten. Das Projekt sei "Greenwashing", weil grüner Strom zur Herstellung von klimaschädlichem Öl und Gas verwendet wird. "Um die Klimakrise zu verhindern, reichen grüne Deckmäntelchen für schmutzige Öl- und Gas-Geschäfte nicht mehr aus", sagt Jasmin Duregger, Klima- und Energiesprecherin von Greenpeace.

Sie fordert ein Ende der Bohrungen im Weinviertel und einen vollständigen Ausstieg aus fossiler Energie bis 2040. Die Einsparung bezeichnen die Klimaaktivisten als "mickrig".