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Grünes Kleinkaro

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Die Grünen drohen bei der EU-Wahl zu den großen Verlierern zu werden, zumindest sieht es laut einer Hochrechnung von "VoteWatch Europe" so aus. Von jetzt 58 auf 42 Abgeordnete im 751-Mitglieder-Parlament könnte die Fraktion schrumpfen. Das ist vor allem auf Frankreich zurückzuführen, dort tritt Daniel Cohn-Bendit, Zugpferd und Figur der 68er-Bewegung, nicht mehr an. In Deutschland haben sich die Grünen nicht mehr erholt, seit sie Joschka Fischer nicht mehr haben. Und auch in Österreich werden sich manche wehmütig an die Gründergeneration zurückerinnern. Die Jungen kennen Persönlichkeiten wie Freda Meissner-Blau bestenfalls aus zeithistorischen Texten.

Warum kann aber die jetzige Grün-Generation die Aufbruchsstimmung nicht mehr vermitteln? Der Klimawandel ist ein Riesenthema, die furchtbaren Überschwemmungen am Balkan zeigen das aktuell. Als Folge der Ukraine-Krise entsteht eine neue (vollkommen unsinnige) Rüstungseuphorie. Bei diesen Themen punkten die Grünen; mit diesen Themen haben sie sich in den Parlamenten festgesetzt.

Eines scheint eindeutig: Die Bürger des Jahres 2014 verlangen ein größeres Maß an Selbstbestimmung, als dies noch in den 1980ern der Fall war. Und sie verlangen auch mehr Flexibilität. In Linz ist es nett, von "grünen" Jobs zu reden, aber wenn die Voestalpine einen Hochofen zusperren würde, wäre Schluss mit lustig.

Und das zeigt das eigentliche Dilemma: Die Grünen haben ihren über-nationalen Ansatz verloren, weil sie nun froh sind, in nationalen und regionalen Parlamenten zu sitzen. Der Klimawandel ist ein internationales, auch europäisches Thema - kein nationales. Im Nationalrat einen In-Fight zum Budget zur Hauptaussage zu stilisieren, wäre der Gründergeneration der Grünen wohl eher kleinkariert erschienen. Für diese EU-Wahl wird es zu spät sein, aber für die nächste Wahl 2019 sollten sich die Grünen nicht nur eine Spitzenkandidatin suchen, sondern sie auch unterstützen und Europa vorleben. Mit grundsätzlichen Themen.

Die grüne Spitzenkandidatin für die EU-Wahl heißt übrigens Ska Keller und sitzt bereits im EU-Parlament. Anders als SPÖ und ÖVP, die mit ihren Kandidaten Martin Schulz und Jean-Claude Juncker groß in Wien unterwegs waren, blieb Keller hier im Hintergrund. Was das Problem der Grünen wohl ganz gut beschreibt...