Zum Hauptinhalt springen

Grünes Licht für "Abtreibungspille"

Von Brigitte Pechar

Politik

Die "Abtreibungspille" Mifegyne wird in Österreich aller Voraussicht nach zugelassen werden. Sollte die französiche Pharmafirma Exelgyn einen Antrag auf Zulassung stellen, werde das Präparat nach | Prüfung zugelassen werden, erklärte Sozialministerin Lore Hostasch im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Auch Bundeskanzler Viktor Klima sieht keinen Grund, das Medikament nicht zuzulassen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 25 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Unterdessen verzögert sich der Antrag der Firma Exelgyn auf europäischer Ebene, der diese Woche bei der europäischen Arzneimittelagentur in London vorgelegt werden sollte. Er werde aber spätestens

bis Ende März für alle EU-Staaten mit Ausnahme von Irland und Italien vorliegen, hieß es bei Exelgyn.

Im November 1973 wurde mit den Stimmen der SPÖ die Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs bis zum 3. Monat beschlossen. Bei der SPÖ-Klubtagung in Salzburg setzte sich Frauenministerin Barbara

Prammer entschieden für die Zulassung von Mifegyne, bisher unter RU 486 bekannt, ein: "Es muß klar sein, daß Frauen, die sich zu diesem Schritt entschließen, die beste Methode zur Verfügung steht."

Offensichtlich meinten die Gegner aber, daß Frauen, wenn sie für einen Abbruch schon nicht gesetzlich verfolgt werden könnten, zumindest körperlich leiden müßten, kritisierte Prammer.

Sozialministerin Hostasch betonte, sie werde nach eingehender Prüfung des Präparates die Zulassungsgenehmigung erteilen, zumal Mifegyne in Frankreich bereits seit 1988, in England seit 1991 und in

Schweden seit 1992 auf dem Markt ist. Aus medizinischer Sicht sei RU 486 die schonendste Form des Schwangerschaftsabbruches und daher jedem chirurgischen Eingriff vorzuziehen.

Auch in der ÖVP wird die Front der Gegner aufgeweicht. So hat Klubobmann Andreas Khol gestern in der ORF-Pressestunde erklärt, die ÖVP würde die Anwendung der Pille in Kliniken unter ärztlicher

Aufsicht akzeptieren.

Die ÖVP wolle nicht am geltenden Recht des straffreien Schwangerschaftsabbruches rütteln, sagte Khol. Die Abtreibung sei geduldet und solle es auch bleiben. Die Organisation "Jugend für das Leben"

forderte Khol daraufhin auf, seine Aussagen zur Abtreibungspille zurückzunehmen, da sonst viele Menschen über einen Wahlboykott der ÖVP nachdenken müßten. ÖVP-Generalsekretärin Maria Kallat will bei

ihrem Widerstand bleiben.

Auch in die deutsche Diskussion, in der die Kirchen eine entschiedene Anti-Haltung einnehmen, kam am Wochenende Bewegung. Die Vorsitzende der CDU-Frauenunion, Rita Süssmuth, machte sich für RU 486

stark: "Jeder Abbruch ist ein Abbruch. Man kann nicht ein Verfahren zulassen und ein anderes als Tötungsmittel bezeichnen." Die rot-grüne Regierung hat ihre Zulassung bereits angekündigt. Eine

heftige Auseinandersetzung zeichnet sich unterdessen um die Aussage des Kölner Erzbischofs Kardinal Joachim Meisner ab, der die Pille mit dem Einsatz des Giftes Zyklon B zur Nazi-Zeit oder dem

Kindermord von Betlehem verglichen hatte.