In Gefangenschaft schwer zu züchten. | In freier Wildbahn keine Probleme mit der Fortpflanzung. | Berlin. Der Gepard galt lange als hoffnungsloser Fall. Keinen Cent hätten viele Experten darauf gewettet, dass die schlanken Raubkatzen mit dem gefleckten Fell noch Zukunft haben. Die Art habe einfach zu viele genetische Probleme und könne sich daher nicht mehr richtig fortpflanzen, lautete die vernichtende Diagnose in den Lehrbüchern. Nun aber meldeten Bettina Wachter und ihre Kollegen vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Fachjournal "Conservation Letters": Das Erbgut steht gesundem Geparden-Nachwuchs nicht im Wege.
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Dabei hatte zunächst alles danach ausgesehen, als würden die eleganten Jäger ihren eigenen Genen zum Opfer fallen. Denn als Biologen in den Achtzigerjahren das Erbmaterial untersuchten, fanden sie von Gepard zu Gepard kaum Unterschiede. Viele Experten vermuteten daher, dass der Bestand vor ein paar tausend Jahren stark geschrumpft sei, so dass alle heutigen Tiere von wenigen Vorfahren abstammen. Inzucht sei also in Geparden-Kreisen an der Tagesordnung gewesen. Solche Paarungen unter Verwandten aber gelten als biologisches Risiko, weil sie zu Erbkrankheiten und Fortpflanzungsstörungen führen können. "Und tatsächlich lassen sich Geparde in Gefangenschaft nur schwer züchten", sagt Wachter.
Wie aber steht es um ihre Artgenossen in freier Wildbahn? Um diese Frage zu beantworten, haben die IZW-Mitarbeiter ein Forschungsprojekt in Namibia gestartet. Dort lebt mit an die 4000 Tieren die weltweit größte Population der bedrohten Katzen. Die meisten von ihnen streifen erstaunlicherweise nicht etwa durch die Nationalparks des Landes, sondern haben sich im Farmland eingerichtet. "Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Farmer dort die Hyänen und Löwen ausgerottet haben, die anderenorts viele junge Geparde töten", erläutert Wachter. Den Geparden stellen die Viehbesitzer zwar auch nach, doch im Gegensatz zu den beiden anderen Raubtierarten fressen diese kaum Aas und lassen sich deshalb nicht mit Ködern vergiften oder zum Abschuss anlocken.
Auch wer die scheuen Tiere nur für wissenschaftliche Untersuchungen einfangen will, muss daher mit allerlei Tricks arbeiten. Die Berliner Forscher haben zunächst die Bäume ausfindig gemacht, an denen Geparde mit Kratzspuren und Duftmarken Nachrichten für ihre Artgenossen hinterlassen, diese mit einer Hecke aus dornigem Akaziengestrüpp eingezäunt und nur einen Durchgang offen gelassen. Steuerte ein Tier durch diese Lücke den Baum an, tappte es in eine Falle und ließ sich dann mithilfe eines Blasrohrpfeils betäuben. Anschließend konnten die Wissenschafter ihm eine Blutprobe abnehmen und es mithilfe eines transportablen Ultraschallgerätes untersuchen.
"Die Ergebnisse waren sehr erfreulich", sagt IZW-Tierarzt Robert Hermes. Keine der im Freiland untersuchten Gepardinnen hatte irgendwelche Schwierigkeiten mit der Fortpflanzung. Ganz anders fielen dagegen die Ergebnisse bei den Weibchen aus, die in Namibias Touristenregionen in großen Gehegen gehalten werden. Die meisten dieser Tiere hatten keinen funktionierenden Zyklus und litten schon in ihren besten Jahren unter Erkrankungen der inneren Geschlechtsorgane. Konnte das am Stress der Gefangenschaft liegen? Um das herauszufinden, untersuchten die Forscher die Nebennieren der Tiere, die sich unter Stresseinfluss vergrößern. Doch es ließ sich kein Unterschied zwischen Gehege-Bewohnerinnen und ihren frei umherstreifenden Artgenossinnen finden.
Dauerhafte Schäden
Das Problem scheint ganz woanders zu liegen. Da Geparden-Zucht in Namibia verboten ist, dürfen sich die in Gefangenschaft lebenden Weibchen nicht fortpflanzen. Doch wenn sie nicht schon in jungen Jahren trächtig werden, führt das oft zu dauerhaften Schäden an den inneren Geschlechtsorganen. Wenn die Tiere dann später doch noch die Chance zur Paarung bekommen, ist es für Nachwuchs zu spät.