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Grüße aus der Märchenwelt

Von Simon Rosner

Politik
Man wollte das moderne Kärnten bauen. Gerhard Dörfler (l.), Jörg Haider und St. Veits Ortschef Gerhard Mock (r.).
© LPD/Bodner

Die Insolvenz des Blumenhotels gemahnt an eine Zeit, in der Kärntens Zukunft noch rosig schien.|Eine Erinnerung.


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Wien. Die Bilder von damals wirken in der Rückschau wie ein zynischer Gruß aus dem Archiv: die händeschüttelnden Politiker, die lachenden Politiker, die spatenstechenden Politiker, die daumenhochstreckenden Politiker. Es war eine Art Gründerzeit, die Kärnten in den Nullerjahren erlebte. An Ideen für das Land der Seen und der Sonne fehlte es nicht.

Eine Seebühne? Bringt Zuschauer, bringt Gäste, bringt Belebung. Ein Stadion? Bringt die EM, bringt Werbung, bringt Touristen. Eine Therme? Bringt noch mehr Touristen, noch mehr Aufwertung und noch mehr Rendite für die Allgemeinheit. Es waren durchaus ehrenwerte Vorhaben, die damals in ganz Kärnten gewälzt wurden. Der Strukturwandel mit seinen Folgen machte Ideen ja auch nötig. Was lange fehlte, war die Finanzierung. Dann, im Frühjahr 1999, wählte Kärnten.

Auf einmal stand der Umsetzung der vielen Ideen nichts mehr im Weg, es brauchte nur zwei Zauberworte: Jörg und Hypo. Binnen sechs Jahren schossen die Landeshaftungen für die Hypo Alpe Adria von 5 auf 25 Milliarden Euro in die Höhe. Klagenfurt als "Host City" der Fußball-EM 2008 war nur das schillerndste Beispiel dieser Milch-und-Honig-Ära.

Im Kleinen gab es unzählige Projekte. Einige waren sinnvoll, andere könnten noch was werden, wieder andere waren wohl grundsätzlich falsch. Es zeigte sich jedenfalls, dass die angestellten Investitionsrechnungen nicht so einfach funktionieren wie in den Darstellungen der Ideengeber.

Die Seebühne war ein finanzielles Fiasko, das 30.000 Zuschauer fassende Stadion wird zweimal pro Monat von 1500 Fans besucht, die Kärnten Therme muss von der Stadt Villach gestützt werden. Und in St. Veit an der Glan könnte nun eines dieser Projekte das Zeitliche segnen. Das im Jahr 2008 eröffnete Blumenhotel ist insolvent, die Schulden belaufen sich auf rund 7,5 Millionen Euro. Ein Weiterbetrieb wird aber angestrebt.

Hypo steckt mit drin

Das Blumenhotel ist eine geradezu prototypische Episode jener Zeit, deren Folgen durch die Pleite der Hypo längst von bundesweiter Bedeutung sind. Und die Hypo-Nachfolgerin Heta steckt natürlich auch im Blumenhotel drin. Die Forderungen der Heta belaufen sich auf 3,6 Millionen Euro.

Die Genese des Blumenhotels ist eine besonders illustre. Die Initiative kam von Gerhard Mock, dem sozialdemokratischen Bürgermeister, der seit 1988 der Gemeinde St. Veit vorsteht. Mit Jörg Haider hatte Mock wenig Berührungsängste. Böse Zungen behaupteten: sogar weniger als mit seiner eigenen Partei. Erst ein paar Jahre davor hatte die Gemeinde bereits ein von Ernst Fuchs gestaltetes Kongress-Hotel errichten lassen, das Blumenhotel sollte noch mehr Kongresstouristen nach Mittelkärnten bringen.

Die Gemeinde beteiligte sich an der Errichtung mit 3,5 Millionen Euro, im Jahr 2011 verkaufte sie das Blumenhotel dann wieder - für eine Million Euro. Mock erklärte damals, dass die Gemeinde ursprünglich weniger hätte beisteuern sollen, aus versprochenen vier Millionen Euro von zwei russischen Investoren waren aber nur zwei Millionen geworden.

Dahinter steckte ein weiteres Prestigeprojekt Haiders: Der Rennfahrer Patrick Friesacher hatte Chancen auf ein Cockpit in der Formel 1, ihm fehlte es allerdings an der branchenüblichen Mitgift. Das Geld für das Blumenhotel floss also stattdessen in die Formel 1. Den russischen Geschäftsleuten war’s mehr oder weniger egal. Für sie war die Rendite eher sekundär. Durch einen Beschluss im Ministerrat 2007, dem allerletzten der schwarz-orangen Regierung, erhielten sie die österreichische Staatsbürgerschaft. Wer in Österreich investiert, kann Staatsbürger werden, ganz legal, das ist schlicht part of the game.

Gemeinde als Hotelbetreiber

Dem Blumenhotel ging es ähnlich wie Patrick Friesacher in der Formel 1. Es war bald vorbei. Nur zwei Jahre nach der Eröffnung musste die Gemeinde als Betreiber einspringen. Und mehr noch: Der Fuchspalast ging aufgrund der Konkurrenz durch das Blumenhotel in Konkurs, weshalb die Gemeinde St. Veit auch hier den Betrieb übernahm. Der Rechnungshof rügte das in einer Prüfung: "Der Betrieb eines Hotels gehört nicht zu den Kernaufgaben einer Gemeinde." Zumal beide Hotels defizitär waren. Es gab viel zu viele Betten für viel zu wenige Übernachtungen und Kongresse. Es ist eben alles nicht so einfach.

Das Blumenhotel konnte 2011 verkauft werden. Die neuen Besitzer mit Sitz in Zypern und einer sehr verschachtelten Eigentümerstruktur spekulierten wohl damit, den Wettbewerb mit dem Fuchspalast zu gewinnen. Eine Auslastung von deutlich unter 50 Prozent führte nun aber zur Insolvenz des Hotels. Von den insgesamt 722 Betten in St. Veit stellen die beiden großen Hotels etwa die Hälfte.

Aussicht auf Besserung

Dem Fuchspalast geht es indessen besser, die Auslastung stieg im Vorjahr auf 55 Prozent. Nach Auskunft der Stadt schreibt man Gewinne, weshalb die Gemeinde auch weiterhin den Betreiber geben will - trotz Kritik des Rechnungshofs. Ein Verkauf ist jedenfalls nicht angedacht.

Mit insgesamt mehr als 50.000 Nächtigungen verbuchte St. Veit im Vorjahr einen Rekordwert. Das ist einmal eine gute Nachricht. Ein ebenfalls von der Gemeinde errichteter Golfplatz und eine 2009 eröffnete Veranstaltungshalle stellen weitere Lockangebote für Kongresse und Tagestouristen dar. Es dürfte aber noch lange dauern, bis alle Verbindlichkeiten abgetragen sind. Und dann ist da noch das nur 20 Minuten entfernt liegende Klagenfurt. Dort hatte man auch die Idee des Kongresstourismus aufgegriffen und Infrastruktur dafür geschaffen. Im Sommer 2009 war das Seeparkhotel mit 150 Zimmern in Betrieb gegangen - weitere vier Jahre später kam dann der Konkurs. Immerhin fand das Hotel bald neue Betreiber.

Das Beispiel zeigt, dass in der Zeit der großen Investitionen ein Masterplan für die Standortförderung fehlte. Viel (Hypo-)Geld wurde investiert, doch viel zu viel undurchdacht. Das ist insofern bedauerlich, da in Kärnten die Zeit der großen Strukturinvestitionen bis auf Weiteres vorbei sein dürften. Die Kassen sind leer. Und auch in St. Veit ist unklar, ob die Investitionen am Ende auch wirklich als Erfolg zu bezeichnen sind.

Vor seinem letzten Wahlkampf hatte Jörg Haider eine mit Landesgeldern finanzierte Informationskampagne gestartet: "Wir bauen das moderne Kärnten." Durch den Verkauf der Hypo wurde ein Zukunftsfonds geschaffen, der über viele Jahre weitere gute Ideen hätte finanzieren sollen. "Kärnten", so sagte Haider vor dem Verkauf der Bank, "Kärnten wird reich."

Es kam anders. Dem modernen Kärnten ist auf halber Strecke das Geld ausgegangen. Die Heta belastet ganz Österreich und die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen der Informationskampagne gegen ehemalige BZÖ-Politiker. Es soll sich um eine versteckte, öffentlich finanzierte Werbung für das BZÖ gehandelt haben. Das moderne Kärnten ist, wie man heute weiß, praktisch pleite.