Voves weist Kritiker Flecker in die Schranken. | Unter Gusenbauer war Kanzler-Kritik noch taxfrei. | Wien. Die Geschichte der Beziehungen zwischen Intelligenz und Politik ist nicht nur, aber vor allem in Österreich eine wechselvolle. Spätestens seit Erhard Busek gilt als ungeeignet für Spitzenpositionen in der Innenpolitik, wer seine Geisteskraft zu demonstrativ vor sich her trägt. Angeblich soll Busek seinem Nachfolger an der Spitze der ÖVP, Wolfgang Schüssel, geraten haben, "nur ned zu g´scheit" zu sein, "des mögen die Leute nicht" - vor allem die eigenen. Schüssel hielt sich bekanntlich auch nicht an den Rat seines einstigen Freundes.
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Nun hat diese Woche der steirische Landeshauptmann-Vize, Soziallandesrat und bekennende Links-Intellektuelle Kurt Flecker geharnischte Kritik an seinem Bundesparteivorsitzenden und Bundeskanzler Werner Faymann geübt, weil dieser der ÖVP bei der Besetzung des nächsten österreichischen EU-Kommissars den Vortritt lassen will, um so das Vorschlagsrecht für einen neuen ORF-General zu wahren. Als "taktischen Populismus" und ein "Bild der Oberflächlichkeit" geißelt Flecker diese Geste.
Bis vor wenigen Monaten, zu Zeiten von Alfred Gusenbauer, gehörte Kritik am eigenen Parteichef fast noch zum guten Ton unter Sozialdemokraten. Auch zu Beginn der Ära Faymann, also noch vor dessen Wahlsieg, waren Unmutsäußerungen über den Neuen an der Spitze noch weit verbreitet.
Neuer Wind
Doch mittlerweile hat sich der Wind gedreht - und das bekam am Dienstag auch Flecker zu spüren. Am Rande des Ministerrats nahm sich der steirische Landeshauptmann Franz Voves vor Journalisten kein Blatt vor den Mund, um seinen Stellvertreter in die Schranken zu weisen.
Voves erinnerte etwa daran, dass "übertriebene politische Intellektualität 2008 die SPÖ beinahe zur Zwergerlpartei gemacht hat" - ein unverhohlener Seitenhieb auf Gusenbauer. Solche Intellektualität reiche nämlich nicht, um Politik zu gestalten, dazu müsse man auch "wirklich g´scheit" sein. Letzteres zeigt sich für Voves in der Fähigkeit zu pragmatischer Politik und den dabei notwendigen Kompromissen, "denn das gehört zur Demokratie". Weshalb insgesamt "das Duo Faymann & Pröll die richtigen Männer zur richtigen Zeit an der Spitze" seien.
Ob jetzt also die SPÖ das angebliche ÖVP-Motto vom "Hände falten, Gosch´n halten" übernommen habe, wurde kurz darauf Kanzler Faymann beim Pressefoyer gefragt. Davon könne keine Rede sein, parierte Faymann - und zwar zuallererst deshalb, weil "das nicht das Motto der ÖVP ist, weshalb es die SPÖ auch gar nicht übernehmen kann". Nicht einmal mehr für kleine Sticheleien ist in dieser Koalition mehr Platz. Und noch ein Wort zu Flecker sagte der Kanzler: So weit, dass man Kritiker von Kritik ausnehme, könne es ja wohl auch nicht kommen.
Da müssen sich die SPÖ-Herren Peter Jankowitsch, Ex-Außenminister, Heinz Schaden, Bürgermeister von Salzburg, und Wolfgang Petritsch, Österreichs OECD-Botschafter in Paris, aber auf einiges gefasst machen: Alle drei zeigten sich von Faymanns Entscheidung in Sachen EU-Kommissar wenig angetan.