Kritik von Unionsfraktion und Polizei. | USA bedanken sich bei Berlin. | Berlin. Deutschland wird zwei Häftlinge aus dem umstrittenen US-Gefangenenlager Guantanamo aufnehmen. Damit setzte sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) auch gegen heftige Proteste aus den eigenen Reihen durch. Die Aufnahme eines dritten Gefangenen wurde nach eingehender Prüfung verweigert.
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Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit durch die Gefangenen schließt de Maizière "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" aus. Er werde "keine Terroristen ins Land holen", sagte der Minister.
In einigen Wochen soll je einer in Hamburg und in Rheinland-Pfalz untergebracht werden. Damit tragen in Hinkunft je ein CDU- und ein SPD-Innenminister die Verantwortung. Beide Länder ließen verlauten, sie fühlten sich in der humanitären Pflicht, zur Auflösung des Lagers beizutragen. Deutschland gehörte zu den Ländern, die stets am lautesten gegen Guantaqnamo protestiert hatten. Was die Kosten für die Betreuung anlangt, müsse aber mit dem Bund noch einiges geklärt werden.
Amnesty international begrüßt Entscheidung
Während amnesty international die Entscheidung begrüßte und die USA sich offiziell bei Deutschland bedankten, erhoben sich im Lande auch Gegenstimmen: Neben der Unionsfraktion im Bundestag kritisierte der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, die Entscheidung. Damit kämen erhebliche Belastungen auf die Polizei zu. Er schätze die Kosten für die Überwachung auf 4,8 Millionen Euro im Jahr allein an Personalkosten. Hinzu kämen noch die Überwachungstechnik und andere Mittel, die für die Einsätze notwendig seien. Das Innenministerium wies diese Kritik zurück, weil es sich nicht um "Gefährder" handle und deshalb eine Rundum-Überwachung rechtlich gar nicht möglich sei.
Obwohl de Maizière die Identität der aufzunehmenden Häftlinge bewahren wollte, kursieren in den Medien bereits Herkunft und Namen der beiden. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung soll es sich bei den Ex-Häftlingen um den Palästinenser Ayman al-Shurafa, 34, und den Syrer Mahmud Salim al-Ali, 35, handeln.
Mit seinen zwei Aufnahmen steht Deutschland recht bescheiden da. Die Russen nahmen sieben Häftlinge auf, die Franzosen neun, Großbritannien sogar 14. Ganz vorne stehen die Länder, aus denen auch die meisten Häftlinge stammten: Afghanistan 199, Saudi-Arabien 120, Pakistan 63 und Jemen 21.
Einer Dokumentation der "New York Times" zufolge sind von den 779 Menschen, die in dem Lager gefangen waren, insgesamt 592 in andere Länder ausgereist. 181 sitzen derzeit noch dort ein, sechs Häftlinge starben während der Gefangenschaft.