Die Staatsanwaltschaft beantragte bereits vergangene Woche die Auslieferung des wegen seiner NS-Äußerungen umstrittenen Bundesrates John Gudenus beim Wiener Landtag. Danach könne man mit den gerichtlichen Vorerhebungen beginnen. SPÖ und ÖVP werden dem Antrag "auf alle Fälle" zustimmen.
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Der Antrag der Staatsanwaltschaft zur Auslieferung des Bundesrates John Gudenus sei zwar noch nicht eingelangt, meinte die Sprecherin des Wiener SPÖ-Landtagsklubs, Michaela Zlanal, man wolle diesem aber auf alle Fälle zustimmen. "Denn schließlich handelt es sich hier um einen Verstoß gegen das NS-Gesetz". Auch ÖVP-Landtagsabgeordneter Matthias Tschirf ist auf jeden Fall dafür: "Es gibt keinen Grund, der Auslieferung nicht zuzustimmen". Es gehe hier um einen bewussten Bruch der Rechtsordnung seitens Gudenus.
Der frühere FPÖ-Politiker Gudenus beschäftigt bereits zum zweiten Mal die Staatsanwaltschaft. Seine Äußerung Ende April, dass die Existenz von Gaskammern "physikalisch und wissenschaftlich" zu prüfen sei, verschärfte er kürzlich mit seiner Aussage, dass es Gaskammern nicht im dritten Reich, sondern in Polen gegeben habe. Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin die Aufhebung der Immunität von Gudenus beim Wiener Landtag, um ein Verfahren einleiten zu können. "Der nächste Schritt ist ein Immunitätskollegium dessen Ergebnis schließlich dem Landtag vorgelegt wird", erklärt Zlanal gegenüber der "Wiener Zeitung" . Ob sich das noch vor dem Sommer ausgehen werde, sei allerdings fraglich, meinte Zlanal.
Die Grünen fordern nun eine Verschärfung des NS-Verbotsgesetzes. So sollen nicht nur das Leugnen und Verharmlosen von Gaskammern strafrechtlich verfolgbar sein, sondern auch das Zweifeln an NS-Verbrechen, meinte Karl Öllinger, stv. Grünen-Klubobmann. SPÖ und ÖVP sehen keinen Änderungsbedarf. "Ich bezweifle, dass Zweifel ein geeigneter Begriff für einen Strafbestand sein kann", meinte Roland Miklau, Sektionschef im Justizministerium. Das sei ein Fall der politischen Hygiene und keine Frage der Anlassgesetzgebung, meinte Miklau.
Wissen
Im Paragraph 3 h Verbotsgesetz heißt es zur Holocaust-Leugnung: "(. . .) wer in einem Druckwerk, im Rundfunk oder in einem anderen Medium oder wer sonst öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird, den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht" ist mit einem bis zu zehn (bei besonderer Gefährlichkeit 20) Jahren Haft zu bestrafen.