In der FPÖ scheinen nun alle Dämme zu brechen: In einigen Ländern kommt es zu Austrittswellen von Parteimitgliedern, Vorarlbergs FP-Chef Hubert Gorbach droht offen mit einer Abspaltung seiner Landespartei und es verdichten sich immer mehr die Gerüchte, dass der ehemalige Klubobmann Norbert Gugerbauer nach einem Jahrzehnt in der Politikpension vor einem Comeback stehen könnte. Seit Tagen wird kolportiert, er könnte beim Sonderparteitag am 8. Dezember als Gegenkandidat von Interims-Obmann Herbert Haupt antreten.
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Trotz aller Aufrufe zur Geschlossenheit und medialer Enthaltsamkeit: Der Druckkessel FPÖ steht offenbar knapp vor dem Explodieren. Tatsächlich sind die Volten, die die Partei und ihre Führungsspitze seit Sonntag geschlagen hat, für Außen- und wohl auch zahlreiche Innenstehende kaum mehr nachvollziehbar.
Zu Montagmittag kündigte Jörg Haider seinen Rücktritt als Kärntner Landeshauptmann an, Dienstagmorgen war er zum wiederholten Mal "schon wieder da". Am Dienstag wollte man die Partei von internen Kritikern säubern, zahlreiche Ausschlussverfahren gegen prominente Mitglieder - darunter Ex-Klubchef Westenthaler und Finanzminister Grasser - waren die Konsequenz. Dagegen regte sich jedoch massiver innerparteilicher Unmut, sodass erst Haider und dann auch Haupt die Notbremse ziehen mussten: Am Mittwoch dekretierte Haupt in einer Pressekonferenz den Stopp aller Ausschlussverfahren und bezeichnete sie als einen Fehler.
Damit ließ sich die weitere Eskalation des Streits jedoch nicht mehr aufhalten. Zum einen weigerten sich die Landesparteien Niederösterreich und Salzburg den von Haupt verkündeten Säuberungs-Stopp nachzuvollziehen, zum anderen begannen nun die Kritiker der "Knittelfelder", sich selbst zu organisieren. Sie planen, will die schon seit längerem brodelnde Gerüchteküche wissen, den ehemaligen Klubchef Norbert Gugerbauer zu einem Polit-Comeback zu überreden. Dieser gibt sich, angesprochen auf diese Gerüchte, wortkarg.
Höbelt: Kandidatur Gugerbauers "gut vorstellbar"
Für Lothar Höbelt, FP-naher Zeithistoriker an der Universität Wien, ist im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" eine Kandidatur Gugerbauers als Parteiobmann beim Sonderparteitag am 8. Dezember "gut vorstellbar". Aber auch eine Rückkehr Riess-Passers hält er noch immer für möglich.
Es gehe nun um eine "Entscheidung zwischen Vernunft und Unvernunft", so Höbelt. Nach dem Wahlergebnis vom vergangenen Sonntag wisse man definitiv, dass die Wähler den Kurs der "Knittelfelder Rebellen" nicht goutierten. Nun gehe es darum , daraus die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen und die richtigen Signale zu senden. Das Problem von Haupt sei, dass sein Kurs nicht klar erkennbar sei, da er stets "irgendwelchen Krakeelern" nachgebe.
"Fällt der Herzog, fällt auch der Mantel"
Die Taktik der "Knittelfelder", unmittelbar nach dem Wahldebakel sofort alle Kritiker an ihrem Kurs aus der Partei auszuschließen, sieht Höbelt mit der Rücknahme der Ausschlussverfahren gescheitert. Was nun geschehe, sei der Versuch einiger Funktionäre, die Partei als ihren Verein zu führen. Diesen müsse jedoch klar sein: "Fällt der Herzog, fällt auch der Mantel", spielt Höbelt auf die bedingungslose Haider-Ergebenheit dieser Gruppe an.
Gugerbauer, ein Jugendfreund Haiders, wurde 1992 von diesem selbst aus der Partei katapultiert. Er ebnete Haider den Weg an die Spitze der FPÖ beim Innsbrucker Parteitag 1986. Sechs Jahre später zog sich Gugerbauer völlig aus der Politik zurück und kehrte in seinen Anwaltsberuf zurück.