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Demonstranten gegen Kandidatur von Juntachef bei Präsidentenwahl. | Nairobi/Conakry. (dpa) "Mein Krankenhaus sieht aus wie ein Schlachthaus" klagte ein Arzt in einer der Kliniken in Conakry nach der blutigen Niederschlagung einer Oppositionskundgebung im westafrikanischen Guinea. Die Sicherheitskräfte, unter ihnen auch Mitglieder der Präsidentengarde, waren mit voller Härte gegen die Demonstranten vorgegangen. Augenzeugen berichteten, dass Soldaten mit Bajonetten und Messern auf Demonstranten brutal eingestochen hätten. Frauen seien teils auf offener Straße vergewaltigt worden.
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Von weit über hundert Toten ist die Rede. Menschenrechtsgruppen sprechen von 157 Toten und tausenden Verletzten. Unter den Festgenommenen sind die früheren Premierminister Cellou Dalein Diallo und Sidya Toure, die auch verletzt wurden. Die Opposition warf der Führung vor, Leichen verschwinden zu lassen, um das "Ausmaß des Massakers" zu verschleiern. Offizielle Zahlen über die Toten und Verletzten gibt es nicht, und auch auf der Webseite der Militärregierung suchte man am Dienstag vergeblich nach Informationen. Dort war nur von Demonstrationen gegen die Sanktionen der EU die Rede, zusammen mit einem Bild von Juntachef, Oberst Moussa Camara, der sich mit verspiegelter Sonnenbrille an die Menge wendet, wie üblich in Uniform und mit Barett.
Trotz Verbots hatten am Montag 50.000 Menschen in einem Fußballstadion gegen Camara und seine Militärjunta demonstriert. Die große Menge zeigt, wie sehr es in dem Kleinstaat gärt, vier Monate vor den für den 31. Jänner angepeilten Wahlen, die eigentlich den Weg zurück einer zivilen Regierung ebnen sollten.
Eigentlich, denn in den vergangenen Wochen hatten sich Hinweise gehäuft, dass der Camara Geschmack am Präsidentenamt gefunden hatte und selbst kandidieren will.
Dabei hatte Camara zunächst durchaus als Hoffnungsträger gegolten, als er sich nach dem Tod von Langzeitpräsident Lansana Conte, der einst selbst durch einen Putsch an die Macht gekommen war, im Dezember vergangenen Jahres mit einer Gruppe junger Offiziere als neuer starker Mann an die Spitze des Staates gestellt hatte. Camara war einer jener Offiziere, die Conte um sich geschart hatte.
In den Anfangstagen des Putsches gab es Gerüchte, Conte selbst habe in seinen letzten Tagen den Coup mit geplant, um Chaos nach seinem Tod zu verhindern. In anderen Gerüchten hieß es, die Organisatoren des blutigen Putsches hätten ihre entscheidenden Besprechungen auf Deutsch gehalten, da sowohl Camara als auch einige seiner Mitstreiter an Kursen der Bundeswehrhochschule für ausländische Offiziere teilgenommen hatten.
Nach dem Coup hatte Camara den Kampf gegen die Korruption, die Sanierung der Wirtschaft und die Rückkehr zur Zivilgesellschaft versprochen. Neun Monate später ist Guinea international isoliert, die Mitgliedschaft in der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas ausgesetzt. Nun erwägt Ecowas Politikdirektor Abdelfatau Musah zufolge nicht nur eine Verschärfung der bestehenden Sanktionen. Selbst eine Militärintervention wird angeblich nicht ausgeschlossen.