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Bei einem Kamingespräch mit Journalisten entwickelte SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer dieser Tage neben anderen auch die Idee, dass nach Landtagswahlen die jeweils stärkste Partei den Landeshauptmann stellen solle. Das gelte natürlich auch, wenn Jörg Haiders FPÖ als stärkste Fraktion aus den Kärntner Landtagswahlen hervorginge: "Aber die Gefahr, dass Ambrozy (und SPÖ) zweiter wird, erachte ich als sehr gering", beruhigt er lächelnd. Aber immerhin entwickelt er die Idee von der Regierungsspitzenautomatik für die stärkste Fraktion bis zur "Regel", die man sich auch für den Bundeskanzler überlegen könnte.
Eine solche "Regel" auf Bundesebene macht für die SPÖ wohl nur dann Sinn, wenn die Kräfteverhältnisse bis zu den nächsten Wahlen zumindest so bleiben, wie sie die Meinungsforschung derzeit ausweist. Das weiß natürlich auch der SP-Vorsitzende, der die Situation gegenüber den Wahlen vor einem Jahr "umgedreht" sieht. Für ihn ist die Reformpolitik der Regierung eine "Klientelpolitik", aber er setzt weiterhin nicht nur auf Kritik, sondern auf eigene Vorschläge der SPÖ zur Lösung wichtiger Probleme.
Und hier signalisiert er Zähigkeit mit immer neuen Versuchen, wobei er am Gedanken festhält, auch die FPÖ "als Bündnispartner für unsere Anliegen" (etwa bei der Steuerreform) zu finden. Er sieht sein "Spargelessen" mit Jörg Haider positiv, auch als notwendiges Signal, dass die SPÖ die FPÖ-Wähler nicht mehr ausgrenze. Und er gesteht Hubert Gorbach zu, die FPÖ als liberale Partei stabilisieren zu können - wenn dessen Handlungsspielraum nicht durch einen mit einem Kärnten-Sieg erstarkten Haider eingeengt werde.
Der SPÖ-Vorsitzende vermutet einen "Pakt", bei dem die ÖVP Haider auch dann den Landeshauptmann sichere, wenn die FPÖ nicht mehr stärkste Kärntner Partei sei. In Salzburg sei eine solche Vereinbarung zur Sicherung des ÖVP-Landeshauptmanns wahrscheinlich gar nicht notwendig; denn es sei durchaus möglich, dass die FPÖ nach der Wahl keinen Beitrag zur Mehrheitsbildung werde leisten können.
Bei den Reformen der Regierung spart Gusenbauer selbstverständlich nicht mit Kritik am Inhalt und der Form der Umsetzung. Und auch Finanzminister Karl-Heinz Grasser bleibt im Visier: Vor den Wahlen sei er noch ein Vorteil für die Koalition gewesen, jetzt sei er fast im gleichen Maß ein Nachteil und könnte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zum Problem werden.