SPÖ-Bundesvorsitzender Alfred Gusenbauer drängt weiter auf vorgezogene Nationalratswahlen im Herbst. In der Fernseh-"Pressestunde" am Sonntag erklärte er, es wäre von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel nicht verantwortungsvoll, "mit diesem außerordentlich wackeligen Koalitionspartner", nämlich dem BZÖ, in die EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 zu gehen.
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Es sollten daher davor "klare Verhältnisse" geschaffen werden, um die EU-Präsidentschaft Österreichs mit einer "stabilen Regierung" absolvieren zu können. Gusenbauer räumte jedoch ein, dass es "durchaus" sein könnte, dass es beim Wahltermin im Herbst 2006 bleiben werde.
Bei der nächsten Nationalratswahl will Gusenbauer jedenfalls die Sozialdemokraten wieder zur Nummer eins machen: "Wir wollen stärkste Partei werden. Nur dann wird es einen politischen Wechsel in Österreich geben."
Koalition mit ÖVP oder Grünen
Zu Koalitionspräferenzen wollte er sich nicht äußern: "Ich halte Koalitionsspekulationen vor Wahlen für nicht sehr demokratisch." Es sollte keine Festlegung geben, bevor der Wähler gesprochen hat. Nach den Wahlen werde er, Gusenbauer, gesprächsbereit sein - sowohl mit der ÖVP als auch mit den Grünen, nicht jedoch mit der FPÖ bzw. dem BZÖ. "Eine solche Wackelpartie, wie sie Schüssel derzeit mit BZÖ oder FPÖ macht, möchte ich nicht machen", betonte der SPÖ-Vorsitzende. Schüssel und sein Klubobmann Wilhelm Molterer hätten hingegen bereits angekündigt, nach den nächsten Wahlen diese "Wackelpartie" fortsetzen zu wollen. Den bevorstehenden Landtagswahlen in Wien, Burgenland und Steiermark blickt der SPÖ-Chef "sehr optimistisch" entgegen.
"45 Jahre sind genug"
Wenn die SPÖ nach den nächsten Wahlen Regierungsverantwortung übernimmt, soll es auch zu Korrekturen bei der Pensionsreform kommen, kündigte SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer am Sonntag in der Fernseh-"Pressestunde" an. Konkret soll es Verbesserungen bei Frauenpensionen geben, außerdem soll jeder nach 45 Beitragsjahren abschlagsfrei in Pension gehen können. "45 Jahre anständige Arbeit ist genug", so Gusenbauers Slogan.
Bei der Schwerarbeiterregelung befürchtet Gusenbauer bei dem Plan der Regierung, für die Berechnung den Kalorienverbrauch heranzuziehen, ein ähnliches Chaos wie bei der Ambulanzgebühr. Sein Rezept: "Wenn wir sagen, 45 Jahre sind genug, dann stellt sich die Frage der Schwerarbeiterregelung nicht mehr."
In der Diskussion um die Kapitalismus-Kritik erneuerte Gusenbauer seinen Standpunkt, dass man sich "nicht der Herrschaft des Geldes unterwerfen" sollte. Er sprach sich dezidiert gegen ein Steuer-Dumping in der EU aus. Kritik übte er an den Aussagen von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein im Sonntags-"Kurier", der Gusenbauer vorwarf, ein "neues Feindbild" aufzubauen. Gusenbauers Konter: "Bartenstein ist ein klassischer Vertreter des Großkapitals."
Der SPÖ-Vorsitzende betonte, "Reichtum ist keine Schande". Aber: "Gewinn bringende Unternehmen sollten einen fairen steuerlichen Beitrag leisten." Daher sollte die Gruppenbesteuerung überprüft und - falls sie eine "Flucht aus den Steuern" bedeute - auch korrigiert werden. "Es muss mit der einseitigen Belastung des Mittelstandes endlich Schluss sein", so Gusenbauer, der nach eigenen Angaben nicht an die Einführung neuer Steuern denkt.
Einigkeit herrscht nach Ansicht Gusenbauers darüber, dass beim Asylrecht der Missbrauch eingeschränkt werden soll. Bei der von der Regierung vorgelegten Reform seien jedoch noch einige Punkte zu klären, wie die Frage der "Richter auf Zeit" zur Beschleunigung der Asylverfahren, der Verlängerung der Schubhaft sowie der geplanten Zwangsernährung. "Die SPÖ ist verhandlungsbereit, weil wir wollen, dass an Ende eine verfassungskonforme Lösung herauskommt", erklärte Gusenbauer.
Kritik von allen Seiten
Für seine Aussagen in der Pressestunde erntete Gusenbauer prompt Kritik von allen Seiten. Die ÖVP meinte, "Schlechtreden ist kein Zukunftsprogramm". Das BZÖ ortete "rote Planlosigkeit". Für die FPÖ präsentierte sich der SPÖ-Chef "zahnlos". Und die Grünen kritisierten Gusenbauers "Einstieg in die Missbrauchsdebatte" bei der Asylfrage.