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Gusenbauer plant Steuerreform

Von Brigitte Pechar-Nitsch

Politik

Der Konjunkturmotor ist weltweit ins Stottern geraten. Also musste Finanzminister Karl-Heinz Grasser gestern im Budgetausschuss eine Budgetüberschreitung für 2002 um 1,7 Mrd. Euro - ergibt 1,3 Prozent gesamtstaatliches Defizit gemessen am BIP - beantragen. SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer präzisierte: 3,5 Mrd. Euro betrage die Neuverschuldung für heuer. Nicht ganz kritiklos nimmt die SPÖ auch das Konjunkturpaket der Regierung hin. Sollten die gewünschten Beschäftigungseffekte damit erreicht werden, werde die SPÖ aber im Nationalrat ihre Zustimmung geben. Der SPÖ-Kanzlerkandidat präsentierte gestern aber sein Wirtschaftspaket für die Zeit nach der Wahl: Ein neues Steuersystem zur Entlastung des Faktors Arbeit, Ausbau der Infrastruktur, Aufhebung der Wettbewerbsverzerrungen im Dienstleistungssektor.


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Die Regierung habe das Konjunkturpaket, mit dem insgesamt 600 Mill. Euro bewegt werden, vor dem Hintergrund der konjunkturellen Situation geschnürt, erklärte Wirtschaftsminister Martin Bartenstein gestern in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Finanzminister. Er hoffe, dass die SPÖ heute im Nationalrat diesem Paket zustimmen werde, da im Vorfeld mit den Sozialpartnern volle Einigung über das Stimulierungspaket erzielt worden sei.

Das wieder stellte ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch, in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Gusenbauer nach dem Wirtschaftsgipfel der SPÖ, in Abrede. Paktiert worden sei nur das Jugendausbildungssicherungspaket. Dann sei aber der Wahlkampf mit eingeflochten worden. So würde die Wirtschaft bei der Unfallversicherung entlastet, die Unfallrentenbesteuerung bleibe aber weiterhin aufrecht.

Eigentliches Thema der Gusenbauer-Pressekonferenz war aber, die Vorstellung von künftigen Wirtschaftsprojekten, die er gestern in einer Runde mit Wirtschaftskapitänen und Experten - darunter der frühere Mentor einer schwarz-blauen Regierung, Generalsekretär der Industriellenvereinigung Lorenz Fritz, OeNB-Direktorin Gertrude Tumpel-Gugerell, die Bau- und Immobilienkonzernchefs Horst Pöchhacker und Hanno Soravia und der Steuerberater Christoph Matznetter - am runden Tisch debattierte. Wichtigstes Ziel der SPÖ sei die Erhöhung der Beschäftigung auf Basis des Lissabon-Prozesses. Als Beispiele nannte Gusenbauer Finnland und die Niederlande. Denn ein ausgeglichener Haushalt sei unter den Bedingungen steigender Arbeitslosigkeit nicht erreichbar. In diesem Zusammenhang verwies der ÖGB-Chef darauf, dass das Ziel einer Arbeitszeitverkürzung weiterhin aufrecht bleibe.

Zweiter Kernpunkt einer SPÖ-Wirtschaftsstrategie sei eine Änderung des Steuersystems. Der Faktor Arbeit müsse entlastet, Kapital stärker belastet werden. Nähere Details wollte Gusenbauer nicht machen. Für Schnellschüsse sei er nicht zu haben, Matznetter werde sich diesem Thema in den nächsten Wochen ausführlich widmen.

Drittens bleibe die Verwaltungsreform auf der Tagesordnung. Da sei die Regierung ja nicht wirklich weit gekommen. Er halte auch nichts von einer Beamtenhatz.

Viertens will Gusenbauer noch im Oktober einen Dienstleistungsscheck präsentieren. Damit sollen die Wettbewerbsverzerrungen im Dienstleistungssektor ausgeglichen werden, die sich aufgrund von Schwarzarbeit ergeben. Er denke an pragmatische Lösungen, etwa bei den Haushaltshilfen.

Fünftens müsse der Infrastrukturstau behoben werden. Die Mittel dafür könnten aus einer höheren Lkw-Maut (statt durchschnittlich 22 Cent pro Kilometer, 30 Cent), der besseren Bewirtschaftung der Bundesimmobilien ("Warum sollte die öffentliche Verwaltung Bestlagen benötigen, wenn man diese für den Steuerzahler gewinnbringend verwerten kann?") und durch gemischte Finanzierungen.

Die ÖIAG jedenfalls werde unter einer SPÖ-Regierung keine "Abverkaufsagentur" sein, betonte Gusenbauer.