Der Kreml-kritische russische Medienmagnat Vladimir Gussinski ist in der Nacht auf Dienstag aufgrund eines internationalen Haftbefehls in Spanien festgenommen worden.
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Der Haftbefehl war von der russischen Justiz Anfang des Monats erlassen worden, nachdem sich Gussinski aus Furcht vor einer Festnahme Mitte November geweigert hatte, zur Anhörung vor einem Moskauer Gericht zu erscheinen. Zu dieser Zeit hatte sich der Chef des mächtigen Konzerns Media-Most bereits ins Ausland abgesetzt. Die russische Justiz bezichtigt ihn der Unterschlagung, Gussinski selbst spricht von einer politisch motivierten Jagd auf ihn und sein unabhängiges Medienimperium, zu dem auch der Fernehsender NTV sowie mehrere Zeitungen und Radiosender gehören.
Die spektakuläre Festnahme des einstigen Jelzin-Gönners erfolgte kurz nach Mitternacht in seinem Haus im andalusischen Küstenort Sotogrande. Dem 48-Jährigen droht nun eine Auslieferung in seine Heimat, sollte er nicht geltend machen können, dass er politisch verfolgt wird. Sein Anwalt Pavel Astakhov gab sich am Dienstag zuversichtlich, dass die spanische Justiz von diesem Tatbestand überzeugt werden kann. "Es gibt entsprechende internationalen Konventionen", sagte Astakhov. Der Fall geht nun an das Oberste Gericht in Madrid, das binnen 40 Tagen eine Entscheidung treffen muss. Das letzte Wort hat - wie im Fall Pinochet in Großbritannien - die spanische Regierung.
Streit mit Gazprom
In der Anklage der russischen Staatsanwaltschaft gegen Gussinski geht es um ein Übernahmeabkommen zwischen Media-Most und dem halbstaatlichen Energiegiganten Gazprom, bei dem Gussinskis finanziell angeschlagene Mediengruppe angeblich mit 473 Mill. Dollar (7,41 Mrd. S) in der Kreide steht. Gussinski hatte seine Einwilligung zum Verkauf seines Konzerns an Gazprom zurückgenommen. Gazprom wirft ihm zudem vor, die bereits verpfändeten Teile des Media-Most-Besitzes ins Ausland überführt zu haben. Gussinski sieht in dem Verfahren einen Schachzug Präsident Vladimir Putins, um seine Mediengruppe unter seine Kontrolle zu bringen. Diese hatte sich vor allem über den Tschetschenien-Krieg äußerst kritisch berichtet. Bereits im Juni saß Gussinski drei Tage lang in Haft, damals waren ihm finanzielle Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem 1997 erfolgten Kauf eines staatlichen TV-Senders vorgeworfen worden.