Privatbank klagte Sachverständigen auf zehn Millionen Euro Schadenersatz.
Wien. Die MEL-Anlegeraffäre um die Meinl Bank, die im Mittelpunkt eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Wien steht, treibt immer kuriosere Blüten. Am vergangenen Freitag haben der Privatbanker Julius Meinl V. und die Meinl Bank unter Vorstand Peter Weinzierl eine Zehn-Millionen-Euro-Schadenersatzklage gegen den Ex-MEL-Strafgutachter Thomas Havranek eingebracht. Laut Meinl-Sprecher Thomas Huemer entfallen je fünf Millionen Euro auf einen angeblichen "Imageschaden" und auf den "Abzug von Kundenvermögen". Die Bank wirft dem später abberufenen Sachverständigen Havranek vor, durch ein unzulässiges Vor-Gutachten die "unrechtmäßige" Verhaftung von Julius Meinl am 1. April 2009 ausgelöst und für die 100-Millionen-Euro-Kaution, die Meinl leisten musste, mitverantwortlich zu sein - im Zusammenspiel mit einem "vorverurteilenden Staatsanwalt".
Diese öffentlichen Angriffe durch die Meinl Bank lösen nicht nur in Justizkreisen heftiges Kopfschütteln aus. Thomas Havranek selbst gibt sich gelassen, denn er kennt diese Vorgangsweise der Meinl Bank schon.
Mit Verfahren abgeblitzt
"Herr Meinl hat dieselben Argumente bereits bei der Bekämpfung meines Honorars vorgebracht, durch alle Instanzen, und ist damit abgeblitzt, weil ich völlig korrekt gehandelt habe", sagt Havranek zur "Wiener Zeitung". "Und der Herr Meinl hat dieselben Argumente schon vorgebracht, wie er die U-Haft und Kaution bekämpft hat, ebenfalls durch alle Instanzen." Auffällig am Zeitpunkt der Klage ist, dass anscheinend am vergangenen Samstag die Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche abgelaufen ist. "Eine Klage mit diesem hohen Streitwert ist sehr mutig, das hat doch null Aussicht auf Erfolg", ätzt ein Justizinsider. "Havranek war von der Staatsanwaltschaft als Sachverständiger bestellt worden und machte seine Arbeit als Gutachter." Es könnte dabei der Verdacht entstehen, dass die Klage möglicherweise ein Wink mit dem Zaunpfahl gegen den neuen Gutachter Martin Geyer ist, der ebenfalls abgelehnt wird.