Bei einer Klausur mit ihrem Wahlkampfteam soll die politische Zukunft von Irmgard Griss klarer werden.
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Wien. Der erste Wahlgang der Präsidentschaftswahl ist geschlagen und die unabhängige Kandidatin Irmgard Griss hat es nicht in die Stichwahl geschafft. Und jetzt? Ist ihre kurze politische Karriere damit vorbei?
Nicht unbedingt. 800.000 Wählerstimmen gibt man nicht leichten Herzens wieder auf. Was die konkrete Zukunft der früheren Präsidentin des Obersten Gerichtshofes anbelangt, darüber wird heftig spekuliert. Eine Parteigründung steht im Raum, die Neos wollen mit ihr zusammenarbeiten. Auch als mögliche künftige Rechnungshofpräsidentin wird sie gehandelt, was jedoch ob der zwölf Jahre Amtszeit und ihren 69 Lebensjahren doch eher unwahrscheinlich ist. In einer Klausur am Sonntag und Montag in der Steiermark denken Griss und ihr Team über die eigene Zukunft nach. Dann geht es entweder weiter oder eben vorerst zu Ende.
Kampagnenbüro löst sich auf
Ein Ende steht einstweilen Griss‘ Wahlkampfbüro bevor. Einige der Möbel aus dem Kampagnenzentrum in Wien-Mariahilf wurden über die Internetplattform "willhaben.at" bereits verkauft. Auch die Verträge mit dem Wahlkampfteam um Milo Tesselaar sind mit dieser Woche ausgelaufen. Irgendwie soll es das aber noch nicht gewesen sein.
Als unabhängige und einzige weibliche Kandidatin im Rennen um die Hofburg konnte Griss die negative Stimmung gegen die Regierung gut für sich nutzen. Sie wurde von den Neos unterstützt und setzte auf politische Erneuerung. 21 Punkte beinhaltete ihr Wahlprogramm, überwiegend Themen, die weit über die Amtskompetenzen des Bundespräsidentenamtes hinausgehen. Sie trat für eine Verwaltungsreform, mehr direkte Demokratie, Neuerungen bei Pensionen und für ein unternehmerfreundlicheres Klima ein - allesamt wirtschaftsliberale Themen.
Nun möchten sich Griss und ihr Team darüber klar werden, was die rund 19 Prozent oder 800.000 Stimmen bei der Hofburg-Wahl bedeuten und welche Chance für die Zukunft darin steckt. Gibt es Interesse weiterzumachen? Und vor allem was?
Bei der Klausur soll eruiert werden, wohin die Reise geht. Einen konkreten Plan gibt es nicht. Bis vor kurzem ging das Wahlkampfteam noch davon aus, Griss in die Stichwahl und schlussendlich in die Hofburg zu führen. Das war jedenfalls der Traum. Doch aus der Stichwahl ist nichts geworden - und dennoch schaffte Griss das beste Ergebnis einer echten unabhängigen Kandidatin.
"Es gibt noch so viel, was ich noch tun kann. Ich werde sehen, wie ich die Bewegung auf irgendeine Weise vielleicht weiterführen kann", sagte die 69-jährige Griss am Wahlsonntag. Was sie konkret anstrebt, darüber hält sich die gebürtige Grazerin noch bedeckt. Laut ihrem Wahlkampfleiter Tesselaar kann bei der Klausur so ziemlich alles entstehen. "Von einer Veranstaltungsreihe bis zu einer Plattformgründung kann das alles und nichts sein." Im Raum steht auch die Gründung einer überparteilichen NGO, mit der die Themen von Griss, etwa die Stärkung der direkten Demokratie, weitergetragen werden. Hartnäckig hält sich auch das Gerücht, dass Griss ein Amt in einer Partei annehmen könnte. Etwa bei ihren Unterstützern, den Neos, was sich aber mit ihrer Marke "unabhängig" spießen würde.
"Griss muss sagen, was sie will"
"Jetzt muss Frau Griss einmal sagen, was sie will", sagt Neos-Chef Matthias Strolz. Er führe mit der erfolgreich gescheiterten Kandidatin Gespräche, wo es darum gehe, wie sie und ihr Team eingebunden werden könnten. "Aber", betont Strolz, "es wäre unangemessen, sie mit vielen Vorschlägen zu überfallen." Man teile gemeinsame Anliegen, in welcher Form diese Verbindung dann genützt werden könne, werde man sehen. Vorstellbar sei, Plattformen für eine Demokratieerneuerung einzurichten. Dabei könne Griss einen Part übernehmen. So könnten Kräfte gebündelt werden.
Für die Neos könnte Griss der Impuls sein, den die Partei braucht, um bei einer Nationalratswahl im Parlament zu verbleiben. Vor allem, wenn die ÖVP mit Sebastian Kurz ins Rennen gehen sollte, könnte es für die Neos eng werden. Der Frust der Wähler mit SPÖ und ÖVP allein sichert den Neos noch längst keine Wahlerfolge, das haben die jüngsten Landtagswahlen deutlich gezeigt.
Vielleicht adaptiert Griss aber auch das Modell Heide Schmidts: Nachdem die Gründerin des Liberalen Forums bei Wahlen nicht mehr reüssierte, finanzierte der Bauunternehmer Hans-Peter Haselsteiner ein "Institut für eine offene Gesellschaft", das Schmidt als parteiunabhängige Plattform für ihre Themen nutzte.