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Gute Engel mit Geld und Erfahrung

Von Walter Hämmerle

Wirtschaft

Monat für Monat belegen die nackten Zahlen die triste Situation am gesamteuropäischen Arbeitsmarkt. Für Peter Jungen, Präsident der European Business Angels Network (EBAN), ist dafür die mangelnde Dynamik und Innovationskraft der europäischen Wirtschaft verantwortlich. Mit seinem Netzwerk will er einen Beitrag dazu leisten, die US-amerikanische Unternehmer-Kultur nach Europa zu bringen. Auf Einladung des Management Clubs präsentierte Jungen vergangene Woche seine Ideen beim Europäischen Forum Alpbach.


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"Es gibt keinen Mangel an Arbeit in Europa, es gibt einen Mangel an Arbeitgebern in Europa, die Beschäftigung organisieren", lautet die Botschaft von Peter Jungen im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

USA-Europa: Nicht nur von viel Wasser getrennt

Dafür verantwortlich seien in erster Linie die unterschiedlichen Unternehmer-Kulturen in Europa und den USA. So ist etwa der Umfang unternehmerischen Engagements in den USA rund vier Mal größer. In den USA kommen auf 100 Erwachsene 8,4 Unternehmer, in Kanada beträgt dieses Verhältnis 6,8, in Großbritannien schon nur mehr 3,4 und in Deutschland nur noch 2,1. Die Folgen dieses Missverhältnisses lassen sich erahnen, wenn man bedenkt, dass sich allein schon die Quantität der unternehmerischen Aktivitäten positiv auf Wachstum und Beschäftigung einer Volkswirtschaft auswirkt. Statistisch gesehen schaffen es von 10.000 Geschäftsideen nur zwei zur Marktführerschaft in ihrem Bereich, rund 80% aller Neugründungen scheitern jedoch bereits in den ersten fünf Jahren. Diese Zahlen zeigen, wie notwendig wirtschaftlicher Erfolg auch eine positive "Kultur des unternehmerischen Scheiterns" braucht.

Auch die besten Ideen sind ohne Geld nichts wert

Für Jungen liegen die wirtschaftspolitischen Konsequenzen auf der Hand: Es gelte, Bedingungen zu schaffen, dass möglichst viele Unternehmen gegründet werden und möglichst viele überleben. Dazu bedarf es jedoch eines entwickelten Venture capital-Marktes, der gute Geschäftsideen auch mit Kapital für die Umsetzung versorgt, denn auch die besten Ideen sind ohne Geld nichts wert. Tatsächlich liegt für ihn in der besonderen Venture capital-Kultur der USA die "Geheimwaffe" für die Dynamik der US-Volkswirtschaft: Obwohl nur rund 20% größer als jene der Europäischen Union, investiert die US-Volkswirtschaft sieben Mal so viel in Venture capital.

Hilfreiche Engel mit Geld, Erfahrung und Kontakten

Diesem Grundübel der europäischen Wirtschaft will Jungen nun mit seinem Business Angel-Netzwerk begegnen. Dabei handelt es sich um "ausbezahlte Unternehmer", die drei Dinge in erfolgversprechende Jungunternehmen und ihre Geschäftsideen investieren: Eigenes Kapital, unternehmerische Erfahrung und Seriosität sowie schließlich ein umfangreiches Netzwerk an beruflichen Kontakten. Auf diese Weise soll der Transfer von unternehmerischem Know-how in einer Gesellschaft auch zwischen den Generationen und nicht nur innerhalb einer Familie ermöglicht werden.

Die Kernaufgabe dieses Konzepts bestehe darin, Forschungswissen in konkrete Geschäftsideen und Kundennutzen umzuwandeln. Schließlich sei, wie schon Ludwig Erhard wusste, die "Marktwirtschaft keine Veranstaltung für die Unternehmen, sondern für die Verbraucher".

Die USA verfügen laut Jungen über rund 3 Millionen potenzielle Business-Angels, die im Jahr 2000 ein tatsächliches Investitionsvolumen von 60 Mrd. US-Dollar aufbrachten. Nicht zuletzt dieses Potenzial werde es den USA auch in schwierigen Zeiten ermöglichen, aus eigener Kraft die Depression hinter sich zu lassen, während Europa Hilfe suchend über den Atlantik blicken müsse.