Die Europäische Union will mit dem 1. Jänner 2005 den Startschuss für den Handel mit Emissionsrechten geben. Ziel des Projektes ist, den im Protokoll von Kyoto 1997 festgelegten Abbau von Treibhausgasen umzusetzen und damit der Erderwärmung entgegenzuwirken. Österreich selbst hat sich verpflichtet, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2012 um 13 Prozent unter den Stand von 1990 zu senken. Wegen Säumigkeit ist die abzubauende Emissionsmenge in Österreich mittlerweile auf 22 Prozent gestiegen. In Tschechien ist man in einer günstigeren Position. Im Zuge der Transformation zur Marktwirtschaft mussten zahlreiche Industriebetriebe stillgelegt werden, dementsprechend liegt unser nördlicher Nachbar 17 Prozent über seinem Kyoto-Ziel. Und ist dadurch in der Lage, Emissionsrechte zu verkaufen. Was bereits geschehen ist.
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Die Probleme für österreichische Betriebe, die zu viel "Ozon-Killer" CO2 produzieren, sind absehbar: "Der ,point of no return' ist überschritten", meint etwa Klaus Reisinger von der Consulting Firma "Allplan", die sich auf Emissionshandel spezialisiert hat. Denn wer künftig die Umwelt in unerlaubt hohem Maße schädigt und seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, dem drohen "drastische Strafen".
Auch auf Ebene der Bundesregierung befasst man sich seit geraumer Zeit mit diesem Problem. Dabei setzt das Umweltministerium auf so genannte "flexible Maßnahmen": Konkret heißt das, dass heimische Firmen Projekte in anderen Ländern umsetzten können, um dort den CO2-Ausstoß zu verringern. Die erzielte Wirkung wird dann via Zertifikat gutgeschrieben. Ein viertel der für Österreich vorgeschriebenen CO2-Reduktionen sollen nach Ansicht von Umweltminister Josef Pröll so bewerkstelligt werden. Ins Blickfeld des Ministeriums sind dabei neben Staaten der Dritten Welt Länder wie Bulgarien, Lettland, Rumänien, Slowakei, Ungarn und auch Tschechien geraten. Satte 72 Millionen Euro, das sind 40 Prozent des gesamten österreichischen Klimaschutz-Budgets, sollen in Projekte in diesen Ländern fließen. Der ökonomische Sinn hinter dieser - geplanten - Vorgangsweise besteht darin, dass umwelttechnolgische Maßnahmen in den genannten Ländern billiger umzusetzen sind, als in Österreich selbst.
In der Tschechischen Republik hat man übrigens bereits jetzt mit dem Handel von Treibgas-Emissionen begonnen. Wegen des Rückgangs der industriellen Produktion während der 90-er Jahre und der Schließung zahlreicher unrentabler Fabriken aus der KP-Ära sind die CO2-Emissionen stark gefallen. Eine an sich negative Entwicklung, die es aber möglich macht, dass Tschechien seine Kyoto-Auflagen bereits jetzt erfüllt hat. Und sogar in der Lage ist, ein Emissionsvolumen von 17 Prozent verkaufen zu können. Die ersten Kronen im zweistelligen Millionen-Bereich sind schon an insgesamt acht tschechische Städte geflossen, die auf umweltverträgliche Biomasse als Energiequelle umgestiegen sind. Das Geld wurde von der holländischen Firma BTG bezahlt, die die Emissionsrechte später der niederländischen Regierung verkaufen will. Unter Umständen auch mit saftigen Gewinnen, denn es wird damit gerechnet, dass die Zertifikate mit der Zeit knapp werden und folglich im Preis steigen. BTG soll dem Vernehmen nach die Emissionsrechte von 30 weiteren Städten kaufen wollen, Beobachter erwarten, dass die Firma dafür hunderte Millionen an Kronen ausgeben wird. Die holländische Regierung ist besonders über die Auswirkungen des Teibhauseffektes besorgt, da das Land wegen seiner geografischen Lage von einem Ansteigen des Meeresspiegels als erstes betroffen wäre.
Wer übrigens der Ansicht ist, dass im Falle der Tschechischen Republik ein überdurchschnittlich umweltfreundliches Land ein Geschäft mit "sauberer Luft" macht, der irrt. Die letzten Resultate der Europäischen Agentur für Umwelt zeigen, dass Tschechien immer noch europaweit das größte Volumen an Emissionen pro Kopf unter allen europäischen Ländern produziert. Allerdings sind durch den Bankrott des Kommunismus 1989 viele Staatsbetriebe, darunter berüchtigte Umweltverschmutzer, gesperrt worden, woraus sich - wahrscheinlich das einzige erfreuliche Erbe der KP-Zeit - automatisch die derzeit günstige Ausgangslage Tschechiens ergibt.
Dass Österreich neben anderen Ländern an einem künftigen Emissionshandel mit der Tschechischen Republik interessiert ist, wird auch vom Umweltministerium in Prag bestätigt: "Wir verhandeln bereits mit Deutschland, Österreich, Holland und Dänemark", so Jarmila Krebsova , Sprecherin des Ministeriums gegenüber der "Wiener Zeitung". Österreich ist übrigens das erste Land, das mit der Tschechischen Republik ein Memorandum unterzeichnet hat, in dem Wege der künftigen Kooperation festgehalten sind.
Doch schon jetzt investieren österreichische Firmen im Bereich der tschechischen Wasserkraft. Und die Österreichische Kommunal-Kredit (ÖKK) soll am Kauf von tschechischen Emmissions-Zertifikaten stark interessiert sein.