ÖVP und SPÖ interpretieren Teilergebnisse einer neuen Studie völlig konträr.
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Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel sieht seine Forderung nach einer Reform der Wiener Mindestsicherung bestätigt: Laut einer von zwei österreichischen Ökonomen durchgeführten Studie führen die höheren Sozialleistungen in Wien zu einer höheren Zuwanderung, erklärte Blümel am Donnerstag. Sein Fazit: "Durch die fehlgeleitete SPÖ-Politik in Wien steigt die Zuwanderung ins Wiener Sozialsystem". Bürgermeister Michael Ludwig sei daher gefordert, "die Zuwanderung ins Wiener Sozialsystem zu stoppen", so der Landesparteiobmann. Ins selbe Horn stieß im Übrigen sogleich auch die FPÖ: Rot-Grün habe aus Wien "ein Mekka für integrationsunwillige Sozialzuwanderer gemacht", befand der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp. Der zuständige Stadtrat Peter Hacker verwies wiederum darauf, dass nicht unbedingt die Höhe der Mindestsicherung ausschlaggebend für den Verbleib von Asylberechtigten ist, sondern es vielmehr die unterschiedlichen Variationen der Sozialleistungen in den einzelnen Bundesländern sind.
Laut Blümel habe bereits im Vorjahr eine Princeton-Studie den Zusammenhang von Sozialleistungen und Migration bestätigt. Die nun von ihm ins Spiel gebrachte aktuelle Studie besage, dass 2017 etwa die Kürzung der Mindestsicherung in Niederösterreich dazu geführt habe, dass mehr Asylberechtigte nach Wien zogen.
Studie noch gar nicht fertig
Tatsächlich haben Fanny Dellinger von der Uni Innsbruck und Peter Huber vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo untersucht, wie sich die Kürzung der Mindestsicherung in mehreren Bundesländern auf die Wanderbewegungen innerhalb Österreichs ausgewirkt hat. Das noch unveröffentlichte Arbeitspapier befindet sich derzeit im Endfertigungsprozess, die Teilergebnisse würden noch geprüft, hieß es.
Dellinger und Huber werteten Daten von mehr als 21.000 Menschen aus, die zwischen 2010 und 2018 nach Wien gekommen sind und entweder als anerkannte Flüchtlinge oder als subsidiär Schutzberechtigte bleiben durften. Untersucht wurde nur das Verhalten von Menschen, die gerade erst Asyl erhalten hatten.
Im Burgenland sind trotz Kürzungen sogar mehr geblieben
Aus den bisherigen Ergebnissen geht aber auch hervor, dass nicht nur das Geld für die Wohnortentscheidung eine Rolle spielt. Die Kürzung der Sozialhilfe für Flüchtlinge im Burgenland 2017 führte beispielsweise nicht zu einer Abwanderungswelle, sondern es blieben danach sogar mehr Asylberechtigte im Burgenland als davor.
In Bundesländern, in denen es ausreichend Deutschkurse gab, günstige Wohnungen vermittelt wurden oder Unternehmen und Bevölkerung um Integration bemüht waren, blieben die Flüchtlinge. Beispiele dafür sind Tirol und Vorarlberg, wo die Abwanderungsraten im einstelligen Prozentbereich liegen.
Zuzug nach Wien um 59 Prozent zurückgegangen
"Wenn die einzige Integrationsmaßnahme des niederösterreichischen Anti-Integrationslandesrats Waldhäusl ist, den Menschen ein One-Way-Ticket nach Wien in die Hand zu drücken, dann kann so ein Ergebnis kein Wunder sein", meinte Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker am Donnerstag zum Thema. Laut aktuellen Zahlen gab es Hacker zufolge zwischen Dezember 2016 und Dezember 2019 beim Zuzug von Mindestsicherungsbezieher aus den Bundesländern nach Wien ein Minus von 59 Prozent.