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Nairobi - Als Mwai Kibaki in der vergangenen Woche von einer Krankenhausbehandlung in London nach Nairobi zurückkehrte, jubelten ihm seine Anhänger so frenetisch zu, als habe er die Präsidentenwahl schon gewonnen. Sie empfingen den Spitzenkandidaten der kenianischen Opposition am Flughafen und säumten über 15 Kilometer hinweg die Straße in die Innenstadt. Tatsächlich liegt der 71-jährige Exvizepräsident laut Umfragen vor der Wahl vom 27. Dezember deutlich vor dem Regierungskandidaten Uhuru Kenyatta, dem Sohn des ersten Staatschefs Jomo Kenyatta.
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Uhuru Kenyatta ist zwar der Wunschnachfolger von Präsident Daniel arap Moi, der nach 24 Jahren an der Macht und zwei Amtsperioden seit der Einführung des Mehrparteiensystems vor einem Jahrzehnt nicht mehr antreten darf. Dem 42 Jahre alten Politikneuling Kenyatta trauen die Kenianer aber offenbar nicht zu, die schwerste Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit 1963 zu überwinden. Außerdem haben Moi und die seit damals regierende Afrikanische Nationalunion Kenias (KANU) mit Vorwürfen von Korruption und Vetternwirtschaft zu kämpfen. Auch die zunehmende Kriminalität hat das Bild der KANU schwer getrübt.
Im Falle eines Wahlsiegs Kenyattas wird auch die weitere Einflussnahme Mois befürchtet. Kenyatta hat bereits angekündigt, den Ratschlag des 78-Jährigen einzuholen, und Moi will KANU-Vorsitzender bleiben. "Es wäre unverantwortlich, wenn ich einfach weggehen und in der Sonne sitzen würde", erklärte der Präsident, der 1987 nach dem Tod von Staatsgründer Kenyatta das höchste Staatsamt übernommen hatte. Er werde aber seine Energie auf die Lösung von Konflikten in der Region konzentrieren, sagte er, und sicherte eine reibungslose Übergabe der Staatsgeschäfte an seinen Nachfolger zu.
Einer jüngsten Umfrage zufolge dürfte das sein langjähriger Stellvertreter Kibaki sein. Der Politikveteran ging bereits in die Opposition, als Moi Anfang der 90er Jahre zögernd dem Mehrparteiensystem zustimmte. Er tritt nun für die Nationale Regenbogenkoalition (NARC) an. Bei der Wahl vor fünf Jahren konnte Kibaki Moi nicht schlagen, gegen Kenyatta hat er jedoch weitaus bessere Karten.
Nach der Umfrage des unabhängigen Internationalen Republikanischen Instituts in Washington lag Kibaki bereits im November mit rund 68 Prozent der Stimmen klar in Führung, nachdem zuvor mit einem spannenden Rennen zwischen ihm und dem Regierungskandidaten gerechnet worden war. Kenyatta landete aber demnach bei nur gut 21 Prozent. Die drei anderen Kandidaten blieben weit abgeschlagen im einstelligen Bereich.
Die 10,5 Millionen Wähler stimmen am 27. Dezember auch über 210 der 224 Parlamentssitze ab. Nach der kenianischen Verfassung muss der siegreiche Präsidentschaftskandidat neben einer bestimmten Prozentzahl in fünf der acht Provinzen auch einen Sitz im Parlament erringen. Kibaki vertritt bereits seit 1969 die Region Othaya in der Abgeordnetenkammer. Kenyatta scheiterte 1997 im ersten Anlauf, erhielt aber später ein von Moi zu vergebendes Mandat.
Auch bei der Parlamentswahl scheint die Regenbogenkoalition die KANU deutlich hinter sich zu lassen: Die Umfrage des US-Instituts sieht das Oppositionsbündnis bei etwa zwei Dritteln der Stimmen, die Regierungspartei bei knapp 23 Prozent. Bei der letzten Wahl vor fünf Jahren kam die KANU noch auf 107 Mandate. Im vergangenen Jahr bildete sie eine Koalition mit der oppositionellen Nationalen Entwicklungspartei (NDP), konnte aber in jüngster Zeit eine Abwanderungswelle zu Gunsten der Regenbogenkoalition nicht verhindern: Mehr als 30 KANU-Abgeordnete schlossen sich der Opposition an, um ihrem Unmut gegen die Entscheidung für Kenyatta als Präsidentschaftskandidat Luft zu machen.