Der EuGH macht im Abgasskandal den Weg frei für Entschädigungen auch in Österreich.
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Der Oberste Gerichtshof (OGH) in Wien hat vor wenigen Wochen bekanntgegeben, dass die Frage nach der Haftung des Volkswagen-Konzerns im Abgasskandal erst nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Thema beantwortet wird. Dieses EuGH-Urteil wurde nun verkündet und hätte kaum konsumentenfreundlicher ausfallen können. Deshalb haben die OGH-Richter gar keine andere Wahl, als VW und auch andere Hersteller in der Sache zur Zahlung von Schadensersatz an betroffene Fahrzeughalter zu verurteilen.
Konkret haben die EuGH-Richter entschieden, dass die EU-Verordnung, mit der die Normen für den Schadstoffausstoß von Pkw-Modellen geregelt werden, auch die Einzelinteressen der Käufer solcher Fahrzeuge schützen. Das bedeutet, dass die Halter von Automobilen, deren Abgasreinigung illegal manipuliert wurde, Anspruch auf Schadensersatz haben.
Besonders brisant: Dabei spielt es laut EuGH keine Rolle, ob die Schädigung fahrlässig oder mutwillig erfolgte. Dadurch muss im Prinzip nur noch belegt werden, dass das jeweilige Fahrzeug manipuliert wurde, um Schadensersatz zu erhalten. Das ist mithilfe eines Rückrufbescheids oder eines Sachverständigengutachtens recht einfach zu bewerkstelligen.
Durch diese Entscheidung haben die Richter am OGH nun freie Bahn, um Volkswagen erstmals wegen des Abgasskandals zur Zahlung einer Entschädigung zu verurteilen. Das EuGH-Urteil lässt sich zudem auch auf Schadensersatzklagen gegen andere Autohersteller wie Mercedes-Benz, Fiat oder Opel übertragen. Von der Entscheidung können allein in Österreich hunderttausende Konsumenten, die ein illegal manipuliertes Fahrzeug gekauft haben, profitieren.
Am OGH muss nun nur noch entschieden werden, wie hoch die Entschädigungen für die betroffenen Fahrzeughalter ausfallen. Die Beantwortung dieser Frage hat der EuGH nämlich den nationalen Gerichten überlassen. In jedem Fall kann aber davon ausgegangen werden, dass die Höhe der individuellen Entschädigung den aktuellen Gebrauchtwagenmarktwert des jeweiligen Fahrzeugs im Normalfall übersteigt.
Wann der OGH sein Grundsatzurteil verkünden wird, ist bisher noch unklar. Wer bestehende Rechtsansprüche in der Sache bis dato noch nicht von einer Rechtsanwaltskanzlei durchsetzen lässt, sollte damit aber nicht unbedingt auf den Urteilsspruch aus Wien warten. Aufgrund der eindeutigen Rechtsprechung in der Sache wird es nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer regelrechten Klagewelle und somit zu teilweise langen Wartezeiten an den zuständigen Gerichten kommen. Schnelles Klagen lohnt sich also. Je schneller sich betroffene Pkw-Besitzer über ihre rechtlichen Möglichkeiten in der Sache informieren, desto schneller können sie auch bestehende Ansprüche erfolgreich durchsetzen.