)
Was für den einen mehr Kosten verursacht, ist für den anderen ein gutes Geschäft: Dolmetscher und Übersetzer profitieren von der zunehmenden Sprachenvielfalt in der erweiterten EU.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Wenn brennt schreien Sie bitte Nichten Feuer und rufen Sie die Hausfrau". - Diese Anleitung zum Verhalten im Brandfall mag zwar ein besonders kurioses Beispiel sein, aber auch schon kleinere Übersetzungsfehler können - zum Beispiel bei Bedienungsanleitungen für Maschinen - schlimme Folgen haben.
"Besonders im technischen Bereich ist es manchmal nötig, dem Übersetzer etwas direkt am Objekt zu erklären - sonst kann es gefährlich werden", erläutert der Berufsgruppensprecher der Übersetzungsbüros der Wirtschaftskammer Oberösterreich, Christian Ernst Fuchs im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Österreichische Firmen, die in den neuen EU-Ländern tätig sind, vergeben die Dolmetsch- und Übersetzungsaufträge etwa 50:50 an österreichische und ausländische Büros, schätzt Fuchs. Die örtliche Nähe und die angeblich bessere Qualität seien die Konkurrenzvorteile der heimischen Dolmetscher und Übersetzer gegenüber der starken Konkurrenz aus Tschechien, Ungarn usw., die ihre Leistungen zu niedrigeren Preisen anbieten. Vorallem Kollegen mit speziellen Fachkenntnissen und entsprechendem Vokabular (z. B. Technik) könnten gut verdienen. Den etablierten Büros in der Branche gehe es jedenfalls gut, meint Fuchs, schließlich müssen zahlreiche Angebote und Verträge für Geschäfte mit den neuen EU-Ländern übersetzt werden.
"Die verstärkte Nachfrage nach Ostsprachen hat schon vor etwa fünf Jahren eingesetzt", berichtet Karin Neumeister vom Übersetzungsbüro Austria Sprachendienst International (AS). Grundsätzlich sei es kein Problem, diesen Bedarf abzudecken, allerdings gebe es große qualitative Unterschiede. "Manche Kollegen trauen sich zu viel zu, und es ist natürlich schwierig, das Niveau zu überprüfen, wenn man die jeweilige Sprache selbst nicht kann." Dolmetscher und Übersetzer sind in Österreich keine geschützten Berufe. Eine professionelle Ausbildung bieten jedenfalls die Universitäten; weiters zählt natürlich die Praxis.
Am Institut für Übersetzen und Dolmetschen an der Universität Wien herrscht jedenfalls reges Interesse an den Ostsprachen. "Schon seit dem Fall des Eisernen Vorhangs gibt es einen starken Zustrom", erinnert sich die Mitarbeiterin Erika Polak - sowohl von österreichischen als auch ausländischen Studenten, denn viele kommen aus Polen, Tschechien oder Ungarn. Sie sprechen bereits sehr gut Deutsch, wenn sie zu uns kommen, oder leben schon in zweiter Generation in Österreich, so Polak.