Zum Hauptinhalt springen

Gute Zeiten für Wirtschaftsinteressen

Von Nino Willroider

Gastkommentare
Nino Willroider ist Politikwissenschafter.

Das Team Stronach und die Zeit der Demokratie nach der repräsentativen Demokratie.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wir leben in einer Zeit, die der britische Politologe Colin Crouch als Postdemokratie bezeichnet. Er meint damit vor allem, dass das politische Geschäft von Interessen gesellschaftlicher Gruppen zusehends abgekoppelt ist und die Bedürfnisse des Wahlvolks nun statt durch einen parteiinternen Kommunikationsmechanismus durch Umfrageinstitute erhoben werden.

Dies wurde vor allem durch die Entfesselung der Wirtschaft gegenüber der politischen Arbeiterklasse vorangetrieben. Letztere verlor ab den 1970ern vor allem durch das Erstarken des Servicesektors an Stärke. Die Masse an Industriearbeitern nahm gegenüber Dienstleistern in anderen Bereichen ab und verlor dadurch auch politische Macht. Dieser neue Sektor schaffte es allerdings nicht, sich auf ähnliche Weise zu organisieren wie einst die Arbeiterklasse im Kampf für mehr Freiheiten und Bürgerrechte. Der Sektor der Arbeitgeber gewann dadurch an politischer Macht und konnte dies geschickt ausnutzen.

Die beharrenden Kräfte des alten Konsenses zwischen Arbeit und Kapital waren in Österreich bis in die 1990er hinein fähig, die Entwicklung einzudämmen. Doch spätestens mit der Wende im Jahr 2000 wurden der Einfluss der Elitegruppen der Wirtschaft und eine zunehmende Amerikanisierung der politischen Kultur auch in Österreich immer sichtbarer.

Ein weiteres postdemokratisches Merkmal breitete sich aus: die Macht der Wirtschaftseliten, die nun ihrerseits durch direkte Einflussnahme auf Parteien und Politiker und somit auf Wahlprogramme Politik machen. Eine solche direkte Einflussnahme partikularer Interessen steht dem Anspruch einer universellen Politik gegenüber und fördert die Entfremdung der Menschen von ihrer Partei. Zwar fühlen sich viele als Sozialdemokraten oder Christlichsoziale, sie stehen gegenüber den Parteien aber im Abseits. Statt einer klaren ideologischen Linie zu folgen, vertreten die Parteien die Interessen einiger weniger mächtiger Wirtschaftseliten, deren Macht wächst, je näher sie ans politische Geschäft rücken.

Tagesaktuell ist dies besonders am Team Stronach festzumachen: Erst jüngst wurden die Verstrickungen zwischen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Magna publik, als Frank Stronach für seinen Konzern Tauschgeschäfte im Rahmen der Eurofighter-Beschaffung lukrieren konnte. Grassers Firma Valuecreation war hier offensichtlich beteiligt, für Magna diese Deals zu beschaffen. Bei der Verteilung dieser Geschäften waren die Sozialpartner planerisch nicht involviert. Eine Aufgabe, die traditionell eigentlich diese Institution übernimmt. Im Gegenteil: Hier wurden offenbar durch eine Firma eines Ministers gegen Beratungshonorare Geschäfte vergeben, wie nun gemutmaßt wird. Der Sozialpartnerschaft wurden oft Korruption und Freunderlwirtschaft angelastet. Die neue Praxis verhindert aber die Korruption nicht, sie fördert sie, wobei die Akteure nun als Korruptionsbekämpfer antreten.

Die nunmehr postdemokratischen Parteien SPÖ und ÖVP haben durch ihren Bruch mit der Ideologie hin zu variablen Beraterprogrammen und dem Kniefall vor mächtigen Lobbygruppen den Weg für Gruppierungen wie das Team Stronach geebnet.