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Guter Rat ist nicht gerade billig

Von Peter Muzik

Politik

Regierung gab 2007 rund 15 Millionen Euro für Beratungen aus. | 2007 gaben die Ministerien 300 Studien in Auftrag. | Von Schwerarbeit über Verhaltenskodex bis Eurofighter. | Wien. Guter Rat ist eben nicht billig: Die Bundesregierung hat 2007 für diverse Beratungsfirmen sowie die Erstellung von Studien mehr als 15 Millionen Euro locker gemacht.


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* Von den 14 Regierungsmitgliedern war Außenministerin Ursula Plassnik am sparsamsten. Sie gab für derartige Zwecke lediglich 136.760 Euro aus.

* Auch Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, der im vergangenen Jahr allein sechs Millionen Euro in die Öffentlichkeitsarbeit des Kanzleramts investiert hat, zeigte sich vergleichsweise bescheiden. Er honorierte Consultinggesellschaften und wissenschaftliche Institute mit insgesamt 469.756 Euro.

Sparsame Polit-Zentrale

Die Polit-Zentrale am Wiener Ballhausplatz vergab davon zwölf Aufträge in einem Umfang von 189.505 Euro an Berater.

Geschäftsführer Harald Payer und die übrigen 18 Gesellschafter der ÖAR-Regionalberatung GmbH durften sich dank des Honorars von 43.063 Euro über den größten Happen freuen. Die ÖAR musste dafür ein mehrjähriges Arbeitsprogramm für das Europäische Netzwerkprogramm "Interact" erstellen.

Das Kanzleramt ließ obendrein 280.251 Euro für elf wissenschaftliche Studien springen, die den Auftragnehmern zwischen 8000 Euro (Institut für Höhere Studien, IHS) und 66.860 Euro (Österreichisches Institut für Internationale Politik) beschert haben. Fünf Arbeiten liegen bereits vor, sechs sind noch ausständig - darunter eine Expertise der Johannes Kepler Universität Linz mit dem Titel "Die offene Koordinierungsmethode als weicher Steuerungsansatz Europäischer Sozialpolitik".

* Ebenfalls relativ sparsam zeigte sich Vizekanzler Wilhelm Molterer: Für Beratungsaufträge, Studien und Seminare gab das Finanzministerium im Vorjahr 720.000 Euro aus. Für ein Honorar von 45.600 Euro beauftragte es die LBG Wirtschaftstreuhand- und BeratungsgesmbH, eine Studie zur land- und forstwirtschaftlichen Einheitsbewertung zu erstellen.

Die Headhunter von Egon Zehnder International wiederum lukrierten für die Suche nach einem Geschäftsführer der Bundesfinanzierungsagentur 42.960 Euro. Mit geringeren Beträgen mussten sich die KPMG Niederösterreich oder die GfK Austria begnügen.

* Das Wirtschafts- und Arbeitsministerium am Stubenring 1 ist für heimische Beratungsfirmen eine begehrte Adresse: Minister Martin Bartenstein verteilte 2007 laut Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage des Grünen-Abgeordneten Karl Öllinger exakt 2.464.784 Euro. Bei Bartenstein konnten sich 15 externe Ratgeber in Szene setzen und dabei 547.252 Euro kassieren. Darunter sind Albert Trattner mit seiner ÖSB Consulting GmbH, Gerlinde Pammer, Geschäftsführerin der Impuls Consulting Group, sowie die CFU Unternehmensberatung von Christoph Ulmer.

Beispiele für Gegenleistungen: Im Auftrag des Ministers wurde ein Governance-Kodex erstellt, das Außenwirtschaftsleitbild ausgearbeitet, stichprobenartig die Eurofighter-Gegengeschäfte überprüft oder der Ratgeber "Betriebsnachfolge im Tourismus" aktualisiert.

Den Vogel schoss die Austrian Energy Agency ab, die gleich fünf Mal zum Zug kam und etwa für das Programm "Intelligente Energie Europa" 100.000 Euro kassieren durfte.

Außerdem gab das Wirtschaftsministerium im genannten Zeitraum 51 Studien in Auftrag, die summa summarum 1,9 Millionen Euro kosteten. Die hochkarätigen Auftragnehmer waren das IHS, das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo), die Statistik Austria, die KMU Forschung Austria und Joanneum Research.

Forschen über Ukraine

Sie untersuchten rätselhafte Dinge wie die öffentliche Förderung des Unternehmertums in der Ukraine, die ehrenamtlichen Tätigkeiten im Tourismus oder die Problematik der Reichweite von Sturzprozessen im Tagbau der mineralrohstoffgewinnenden Industrie.

Daneben wurden aber auch noch Themen beleuchtet wie die Mitarbeiterbeteiligung im internationalen Vergleich, die illegale Ausländerbeschäftigung, die touristischen Fördersysteme oder die Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik in Österreich.

* Auch Umweltminister Josef Pröll will es offenbar genau wissen: Er setzte 2007 auf sieben Berater, die sich dezent im Hintergrund den Kopf zerbrechen - etwa über das Bundesklimaschutzgesetz oder die Verwaltungskostenreduktion.

Seine Beamten konnten sich über 48 Studien freuen, für die Institute, Ingenieurbüros und Consulter verantwortlich zeichneten. Alles in allem wendete das Ministerium dafür exakt 1.925.626 Euro auf.

* Nur knapp weniger - nämlich 1.756.460 Euro - benötigte Unterrichtsministerin Claudia Schmied, um an Entscheidungsgrundlagen heranzukommen. Für ihr Ministerium waren 23 Berater im Einsatz, darunter die Donau-Universität Krems, die Contrast Management Consulting, die Agentur Ecker & Partner und der Politologe Peter Filzmaier.

Obendrein wurden von Auftragnehmern wie IHS oder Ifes 38 Studien durchgeführt. Dabei ging es um brisante Fragestellungen wie Internet und Schule, die Evaluierung von Schulmodellen, politische Bildung oder die Situation der Künstler.

Die Donau-Uni Krems erhielt für die Bestandsanalyse des Übungsfirmenwesens an den Handelsakademien 120.000 Euro.

* Gute Auftragschancen hat die Consulterbranche auch bei Infrastrukturminister Werner Faymann: Sein Ministerium zahlte 2007 für 20 Beratungsaufträge und 38 Studien 1.0644.384 Euro. Für letztere wurden etwa die zu 90 Prozent dem Land Steiermark gehörende Joanneum Research sowie die Arsenal Research auserkoren, aber auch das Wifo, das Institut für Raumplanung, das Management Center Innsbruck, die Gesellschaft zur Förderung der Forschung sowie Professoren wie Heinz Mayer (mit einem Rechtsgutachten zum Hauptbahnhof Wien).

Akustische Warnsignale

Weiters ließ der Minister von Consulting Partners-Chef Robert Hanreich um 105.000 Euro ein Gutachten über die Unfalluntersuchung anfertigen. Die dem Kuratorium für Verkehrssicherheit gehörende KfV Sicherheits Service GmbH ließ er für 36.000 Euro die Wahrnehmbarkeit akustischer Warnsignale analysieren.

* Verteidigungsminister Norbert Darabos war die Arbeit von externen Ratgebern im Jahr 2007 insgesamt 1.369.638 Euro wert. Sein Ministerium vergab 15 Aufträge an Consultingfirmen um rund 300.000 Euro, wobei sich gleich drei der Arbeiten mit dem Akademiebad Wiener Neustadt befassten.

Den größten Brocken bekam die Act Management Consulting GmbH für die Erstellung eines Strukturreformkonzepts ab: 94.440 Euro.

Die 22 bestellten Studien kosteten rund eine Million. Auftragnehmer waren unter anderem das Österreichische Institut für Europäische Sicherheitspolitik, das Internationale Institut für Liberale Politik, das Ludwig Boltzmann Institut, das Meinungsforschungsinstitut Ifes sowie die Electronic Data Systems GmbH mit einer Machbarkeitsstudie zum Thema Eurofighter (Kostenpunkt: etwa 300.000 Euro).

* Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky gab 2007 für Beraterhonorare und Studien 1.172.272 Euro aus. In ihrem Ministerium waren das Ludwig Boltzmann-Institut, diverse Universitätsinstitute, die Max Management Consulting und die Solve Consulting Management gefragt.

Soziale Eingliederung

* Sozialminister Erwin Buchinger hat für acht Beraterverträge und 30 Studien 1.049.797 Euro ausgegeben. Auserkoren wurden die Statistik Austria, das Europäische Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung oder das Institut für Europäisches Wirtschafts- und Verbraucherrecht in Bamberg. Themenbeispiele: eine Literaturstudie zu Schwerarbeit und Lebenserwartung auf der Basis von in- und ausländischer Literatur. Oder eine Arbeit mit dem Titel: "Entwicklung eines Modells zu Wirkungszusammenhängen von Input- und Kontextindikatoren auf Outputindikatoren im Bereich Soziale Eingliederung".

* Wissenschaftsminister Johannes Hahn erfreute 33 Auftragnehmer mit 815.271 Euro - unter anderen GfK Austria, Wifo, IHS, Joanneum Research, die ÖAR Regionalberatung, die Austria Wirtschaftsservice GmbH und den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung.

* Innenminister Günter Platter hat sich neun Beraterverträge 643.902 Euro kosten lassen. Die Platzer & Platzer UnternehmensberatungsgesmbH holte sich mit 193.000 Euro den Löwenanteil. Für die acht in Auftrag gegebenen Studien sorgten das Wifo, das IHS sowie das Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie.

* Justizministerin Maria Berger rangiert mit Ausgaben von 630.786 Euro haarscharf hinter dem Innenminister: Ihr Ressort beauftragte fünf Berater, darunter Deloitte Consulting, und ließ fünf Studien anfertigen: So recherchiert die Ludwig Boltzmann-Gesellschaft für 40.000 Euro den Justizpalast-Brand 1927.

* Die kürzlich ausgeschiedene Frauen- und MedienministerinDoris Bures hat für Beratungszwecke 373.569 Euro locker gemacht. Sie schloss vier Werkverträge ab, etwa mit der Gesellschaft für Wirtschaftspsychologie, die an einem Verhaltenskodex für öffentlich Bedienstete bastelt. Ferner wurden acht Untersuchungen in Auftrag gegeben, etwa eine "Zeitverschwendungs-Erhebung", die unbezahlte Haushaltsarbeiten monetär bewerten soll und im Herbst 2009 fertig wird.

Guter Rat ist teuer, heißt es. Bei den Consultingaufträgen oder den jährlich rund 300 ausgeschriebenen Studien ist das schwer zu evaluieren: Denn wer weiß schon, ob beispielsweise eine Brückenkopfprüfung in Mürzzuschlag, für die die in Salzburg beheimatete Zivil-technikerfirma Spirk & Partner 12.300 Euro erhielt, dieses Geld wert ist?