Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Erleichterung der Befürworter des Atomdeals mit dem Iran ist mit den Händen greifbar, das Misstrauen der Kritiker genauso. Dabei ist die Einigung nur ein Zwischenschritt, nicht mehr und nicht weniger; dieser schafft aber allein schon durch seine Existenz neue politische Fakten. Ob aber eine wirkliche Einigung bis zum 30. Juni gelingt, ist ungewiss.
Seit der Islamischen Revolution 1979 versteht sich der Iran als revolutionäre Kraft, die auf den Sturz der von den USA und Saudi-Arabien bestimmten Ordnung in der Region hinarbeitet. Sich selbst sieht der Iran - historisch legitim - als Führungsmacht, der dies von den USA und ihren Verbündeten verwehrt wird. Die Strategie der Eindämmung war nur mäßig erfolgreich: Aufgrund der Größe und Bevölkerungszahl des Landes hat das Regime Mittel und Wege gefunden, seinen Einfluss massiv auszubauen - im Irak und im Libanon, in Syrien, im Jemen.
Kämpft der Iran, wie das Regime beteuert, nur um die Selbstbehauptung und die Wiedergewinnung seiner legitimen Rolle in der Region oder, wie Israel und Saudi-Arabien befürchten, für den Umsturz der bestehenden Ordnung - die Vernichtung Israels eingeschlossen? Allein im ersten Fall ist eine friedliche Kooperation mit Teheran möglich. Welche Hypothese stimmt, lässt sich nur herausfinden, wenn jede Seite der anderen die Chance gibt, Schritt für Schritt den Wahrheitsbeweis ihres guten Willens anzutreten.
Den USA kommt dabei eine Schlüsselrolle zu: Die Gefahr ist real, dass die Gegner sich zu einem Präventivschlag entschließen, solange sie noch die militärische Möglichkeit dazu haben. Die Folge wäre eine Eskalation der Gewalt in der ohnehin bluttriefenden Region.
Um das zu verhindern, müssen die USA ihre politische und militärische Glaubwürdigkeit in die Waagschale werfen. Allerdings hat diese Glaubwürdigkeit zuletzt gelitten. Tatsächlich wurde Barack Obama gewählt, um die Probleme zuhause anzugehen und den Rückzug aus dem Chaos in Nahost anzutreten, das Washington zu einem Gutteil selbst verschuldet hat.
Eine Lösung des Atomstreits hängt also mindestens so sehr von der Bereitschaft Teherans ab, den Geist und die Buchstaben des Abkommens zu erfüllen, wie von der Entschlossenheit der USA, andernfalls mit Taten bereitzustehen. Dann trüge ein Deal sogar die Chance in sich, das Regime im Iran von innen heraus zu verändern.