Der Begriff ist üblich, aber er ist in keinem Gesetz nachzulesen. Generationen von Lohnverrechnern arbeiten mit ihm, aber er kommt in keinem Paragraphen vor. Es ist einer jener Kunstnamen, wie sie | im Steuerrecht immer wieder erfunden werden: Der "Belastungsprozentsatz" sollte richtigerweise "Durchschnittssteuersatz" heißen, schließlich ist ja jeder Steuersatz ein Belastungsprozentsatz.
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Dieser hier hat allerdings eine besondere Wirkungsweise. Nicht immer eine vorteilhafte, wie der Verfassungsgerichtshof kürzlich festgestellt hat. Für vier Lohnzahlungen der besonderen Art erlaubt
das Einkommensteuergesetz auch eine Besteuerung der besonderen Art:
a) Für Nachzahlungen bzw. nachträgliche Zahlungen von Arbeitslohn, die ein Arbeitgeber seinem Dienstnehmer (neben dem aktuellen laufenden Lohn) für vorjährige Zeiträume vergüten muss;
b) Für Lohnzahlungen, die einem Arbeitnehmer nach dem Konkurs seines Arbeitgebers noch zukommen (in der Regel über den Insolvenz-Fonds);
c) Für Zahlungen, die ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer dafür leistet, dass dieser vorzeitig aus dem Dienstverhältnis ausscheidet, also für den Verzicht auf weitere Dienstleistungen, für
Kündigungsentschädigungen und ähnliches; schließlich auch
d) Für Zahlungen nach einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich.
Entschärfte Progression
Alle diese Zahlungen mausern sich in der Regel zu geballten Beträgen und würden daher bei normaler Besteuerung die Progressionswirkung des Steuertarifs recht unangenehm zu spüren bekommen. Dies
hat offenbar der Gesetzgeber als unsozial empfunden und dafür ein besonderes Steuerverfahren vorgesehen: die Besteuerung mit einem besonderen Durchschnittssteuersatz, der in der Praxis (nicht aber im
Gesetz) als "Belastungsprozentsatz" bezeichnet wird. Dieser Steuersatz wird aus jener Lohnsteuerbelastung hergeleitet, die sich für den Arbeitsverdienst des Dienstnehmers im letzten vollen
Kalenderjahr ergeben hat. Praktisch geht man so vor, dass man den letztjährigen lohnsteuerpflichtigen Jahresverdienst (also dessen Lohnsteuerbasis) heranzieht, die darauf entfallende Jahreslohnsteuer
ermittelt und aus der Gegenüberstellung dieser beiden Beträge den (damaligen) Steuerprozentsatz errechnet. Dieser Prozentsatz ist auf die oben genannten vier besonderen Lohnzahlungen anzuwenden, und
damit ist deren Besteuerung definitiv beendet.
Starrer Lohnsteuersatz
Die Besteuerung ist derart definitiv beendet, dass der Prozentsatz hinterher nicht mehr geändert werden kann, nicht einmal im Zuge eines (normalen) Steuerveranlagungsverfahrens.
Wenn im Jahr der Auszahlung (und Besteuerung) solcher besonderer Lohnzahlungen auch eine Veranlagung · etwa eine Arbeitnehmerveranlagung · durchzuführen ist, dann bleiben die mit dem
"Belastungsprozentsatz" besteuerten Lohnzahlungen im Steuerbescheid außer Ansatz. Sie werden in die Veranlagung nicht mit einbezogen. So will es das Gesetz (§ 67 Abs. 9 EStG).
Nachteil bei Veranlagungen
Das kann ganz angenehm sein, weil die Lohnnachzahlungen oder die anderen besonderen Löhne mit den übrigen (laufenden) Verdiensten des Zuflussjahres eben nicht zusammengerechnet und nicht
progressiv zusammen besteuert werden. Es kann aber auch das Gegenteil eintreten: Dass aus irgendwelchen Gründen (etwa durch geltend gemachte Absetzposten) gerade im Jahr des Zuflusses der
tatsächliche Jahressteuersatz niedriger ist, als der künstliche, unveränderliche Belastungsprozentsatz. Dann hätte der Steuerpflichtige einen Nachteil.
Das ist nicht in Ordnung, hat der Verfassungsgerichtshof vor kurzem gemeint, denn dem Steuerpflichtigen müsse die Möglichkeit offen stehen, den Durchschnittssteuersatz auch zu unterlaufen. )
Bedenken der Höchstrichter
O-Ton der Höchstrichter: "Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofs vermissen eine sachliche Rechtfertigung dafür, dass ein Teil des Einkommens des laufenden Kalenderjahres (z.B. eine Nachzahlung
für ein abgelaufenes Jahr. Anm. d. Verf.) bei der Veranlagung immer und daher auch dann außer Ansatz bleibt, wenn sich die Anwendung des Belastungsprozentsatzes ungünstiger auswirkt als die Anwendung
des (normalen Steuer-) Tarifs."
Und weiter: "Es ist auch keine besondere Aufgabe, festzustellen, ob die Versteuerung nach dem Belastungsprozentsatz unter Ausscheiden aus der Veranlagung oder die Anwendung des (normalen Steuer-)
Tarifs für den Steuerpflichtigen günstiger ist (wobei dem Steuerpflichtigen zwischen beiden Vorgangsweisen auch die Wahl überlassen bleiben könnte)".
Normaltarif als Alternative
Der Umstand, dass die mit dem Belastungsprozentsatz besteuerten Lohnzahlungen gemäß Ansage des Steuergesetzes aus einem normalen Steuerverfahren ausscheiden müssen, trifft · so das Höchstgericht ·
"besonders jene Arbeitnehmer, die im Jahr der Nachzahlung gar kein Einkommen oder nur mehr (steuerfreies) Arbeitslosengeld beziehen, so dass die Tarifbesteuerung unter Berücksichtigung der
Abzugsposten häufig gar keine oder doch nur eine geringere Steuerbelastung ergäbe." Der Umstand, dass ein einmal angewendeter Belastungsprozentsatz nicht mehr verändert, insbesondere in einem
Veranlagungsverfahren nicht reduziert werden könne, sei also sachlich nicht gerechtfertigt, widerspreche dem Gleichheitssatz und sei daher verfassungswidrig, entschieden die Höchstrichter.
Keine Veranlagungssperre
Die bezügliche Bestimmung im § 67 Abs. 9 des Einkommensteuergesetzes wurde demnach aufgehoben.
Die Aufhebung soll nach dem Willen der Richter allerdings erst mit 31. 12. 2000 in Kraft treten, um dem Gesetzgeber ausreichend Zeit zu geben, über eine Abgrenzung der beiden
Besteuerungsmöglichkeiten (Belastungssteuersatz bzw. Normaltarifsatz) nachzudenken und auch eine passende Neuregelung zu treffen.
) Erk. d. VfGH v. 2. 12. 1999, Zl. G 106/99