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Straches Horn und Kurz’ Antworten.
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Es ist erstaunlich und unerwartet bei dem Vielen, was diese Regierung in ihrer kurzen Amtszeit bereits tat oder ankündigte. Dass nämlich ausgerechnet das Kippen des absoluten Rauchverbots in der Gastronomie das ist, was die Gemüter derart erhitzt. Was die Leute bewegt. Der Ansturm auf das Volksbegehren "Don’t smoke" hält zurzeit bei mehr als 453.000 Unterschriften. Wirklich interessant an diesem unerwarteten Erfolg ist, dass er die Kategorien der Debatte durcheinanderwirbelt.
Bisher wurde der selbständige Bürger, der eigenverantwortlich sein Leben bestimmt, in Stellung gebracht gegen eine staatliche Bevormundung. Das ist das Horn, in das Strache stieß. Und in das er, in Verkennung der Situation, noch heute stößt. Tatsächlich aber ist eine Wirkung, die das Volksbegehren bereits ausgelöst hat: Es zeigt schon jetzt, dass dies ein falscher Gegensatz ist. In dem Volksbegehren machen sich die Leute stark für eine Verordnung. Sie fordern selbstbestimmt eine staatliche Vorschrift! Eigenverantwortung und Verbot sind da keine Gegensätze mehr. Auch so kann Liberalismus ausschauen.
Es zeigt sich, dass der große Populist Strache das Volk nicht kennt. Sein Bild der Bevölkerung erweist sich, das Bild seiner Blase zu sein - wenn man das bei dem Thema so sagen darf. Wie sonst hätte er die Stimmung so falsch eingeschätzt? Diese Bevölkerung lässt sich ihre Selbstbestimmung nicht von oben vorgeben. Sie artikuliert sie vielmehr in der Zivilgesellschaft. Das ist ein ganz anderer Vorgang als jene plebiszitäre Demokratie, die Strache und den Seinen vorschwebt, die für Volksbefragungen nur die Funktion der Akklamation vorsieht.
Interessant ist auch, was dabei in der Regierung zum Vorschein kommt. Es ist der erste Riss in der bislang so gehegten Inszenierung von Harmonie und Eintracht. Ein Haarriss. Einer von einer leisen aber besonderen Perfidie.
Während die FPÖ mit dem Kippen des Rauchverbots ihren politischen Willen durchzusetzen versucht, reagiert Kurz in typischer Manier. Erst langes Schweigen und dann eine jener doppelten, gegenläufigen Äußerungen, die langsam zu seinem Markenzeichen werden: Er macht eine Behauptung - und konterkariert sie gleichzeitig. So trete er etwa für den ORF ein - doch er sei auch froh, dass es daneben noch eine breite Medienlandschaft gäbe. In der strittigen Frage des Rauchverbots lautet der doppelte Rittberger: Er als Nichtraucher habe großes Verständnis für ein absolutes Rauchverbot, doch dieses sei Teil des Koalitionsabkommens.
Wäre er einfach pakttreu, würde er sagen: Das ist das Abkommen. So aber blinkt er in beide Richtungen. Den Gegnern der Aufhebung zwinkert er zu: Ich verstehe euch. Und dem Koalitionspartner schiebt er damit gleichzeitig - in aller Pakttreue - den Schwarzen Peter zu und zeigt: Die sind es, denen wir den unbeliebten Vorschlag verdanken. Da wird - ganz kontrolliert - die vielbeschworene Harmonie geschützt, um im gleichen Zug den Koalitionspartner anzuschwärzen.
Hier zeigt sich, wie messerscharf diese feine Klinge der doppelten, widersprüchlichen Botschaft sein kann. Und wie aalglatt. Oder vielmehr - ganz im Sinne des Erfinders: beides zugleich.