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Haarsträubende Steuertricks

Von Thomas Pressberger

Wirtschaft
© Fotolia/fotodo

Der Panama-U-Ausschuss stößt auf Steuermissbrauch in Madeira und Goldlager in Luxemburg.


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Wien. Der Panama-Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments tagt seit Juli 2016. Im Oktober sollen die endgültigen Empfehlungen vorliegen, bereits jetzt gibt es erste Erkenntnisse über die weltweiten Strategien zur Steuervermeidung, Steuerhinterziehung und Geldwäsche, die aus den im April 2016 veröffentlichten Panama-Papers gezogen werden konnten.

Die erste von mehreren "haarsträubenden" Erkenntnissen sei, dass es Steueroasen nicht nur in Panama oder Singapur, sondern auch in der EU gebe, sagte Evelyn Regner, SPÖ-Delegationsleiterin im EU-Parlament, am Montag vor Journalisten. Auf der portugiesischen Insel Madeira gebe es seit 30 Jahren niedrige Steuersätze, seit 2000 hätten sich dort rund 6000 Konzerne angesiedelt. Trotz Steuererleichterung in Höhe von einer Milliarde Euro hätten sie nur 1000 Arbeitsplätze geschaffen. "Zum Wohlstand von Madeira haben die niedrigen Steuern nichts beigetragen", sagt Regner.

Weiters sei man auf sogenannte Freeports in Luxemburg gestoßen. In einer Art Lagerhalle am Luxemburger Flughafen würden Wertgegenstände gebunkert. Derartige Lager würden weder den internationalen Transparenzregeln noch nationalen Steuerregeln entsprechen. Freeports seien quasi Niemandsland, es würden keine Zölle oder Steuern anfallen. Vollkommen verschleiert würden hier Raubkunst - etwa vom IS -, Antiquitäten und Gold versteckt und getauscht. Ursprünglich waren Freeports für die kurzfristige Lagerung von Gegenständen gedacht, so Regner.

Aber auch Intermediäre - Steuerberater und Wirtschaftsprüfer - sind ins Visier des U-Ausschusses geraten: Keine dieser Steueroasen sei ohne diese Intermediäre, etwa den "Big Four" - PwC, Deloitte, KPMG und EY - möglich. "Die schneiden gewaltig mit", sagte Regner. Dagegen müsste europäisch, national und auch global vorgegangen werden. So gebe es einen Vorschlag der Kommission, diese vier größten Wirtschafts- und Steuerberatungskanzleien mehr in die Verantwortung zu nehmen und haftbar zu machen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker würde immer sagen, da müsse etwas passieren, habe bisher aber nicht gehandelt.

Kritik an Schelling

Wohl nicht ganz zufällig hat die SPÖ im Vorfeld des heutigen EU-Finanzministertreffens und des Bekanntwerdens der ersten Erkenntnisse des Panama-U-Ausschusses ihre Vorschläge gegen Steuerhinterziehung und Gewinnverschiebung von Konzernen vorgestellt und gleichzeitig Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) kritisiert. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder will unter anderem ein Verbot von Briefkastenfirmen und Strafzuschläge für Gewinnverschiebungen. Er fordert Country-by-Country-Reporte, die aufzeigen, wie viel Umsatz und Gewinn Konzerne in den einzelnen Ländern machen. Nicht zuletzt soll es einen besseren Schutz für Whistleblower geben. Schelling tue nur das, was von europäischer Stelle verlangt werde. Bei einem zentralen Punkt blockiere er aber, nämlich der Umsetzung des Country-to-Country-Reports, so Schieder. ÖVP und FPÖ hätten sich dagegen ausgesprochen. Es gebe zu wenig Bereitschaft, Wirtschaftsprüfer in die Pflicht zu nehmen und Briefkastenfirmen zu verbieten.

Experten können die meisten Punkte nicht nachvollziehen beziehungsweise diesen nicht zustimmen. "Da stellt sich die Frage ‚Was ist eine Briefkastenfirma?‘", sagt Yasmin Wagner, Director beim Steuerberater und Wirtschaftsprüfer TPA Austria. Die Definition sei schwierig, wenn jemand eine Firma ohne Personal und Büro gründe, müsse das nicht ein Steuervermeidungskonstrukt sein. Oft würden GmbHs gegründet, weil man sie später rasch für ein Projekt zur Hand haben müsse. Für die Verschiebung von Passiveinkünften, wie Zinsen oder Gebühren, gebe es jetzt schon Schranken.

Klare Rahmenbedingungen

Strafzuschläge für Gewinnverschiebungen seien ein "heißes Thema", sagt Wagner. Hier gehe es um Verrechnungspreise, die konzernintern verrechnet werden und deren Höhe von außen schwer zu beurteilen sei. Dass Wirtschaftsprüfer verstärkt in die Pflicht genommen werden müssen, sieht sie anders. Die Aufgabe von Steuerberatern sei es, dass ihre Mandanten möglichst wenig Steuern zahlen. Den Rahmen dafür gebe der Gesetzgeber vor. Dieser könne sich nicht beschweren, wenn der Rahmen ausgenützt werde. "Und wenn eine Gesetzeslücke erkannt wird, wird diese in der Regel rasch geschlossen", so Wagner.

"Aussage und Realität widersprechen sich", heißt es aus dem Finanzministerium zu Schieders Vorwürfen. Alles, was Österreich gesetzlich regeln könne, sei in Umsetzung oder Vorbereitung. Multinationale Konzernkonstruktionen seien nicht national gesetzlich zu lösen, daher brauche es eine gemeinsame europäische Strategie. Die österreichischen Vorschläge würden längst auf dem Tisch liegen, nun sei die Kommission am Zug. Zudem sei das Finanzministerium für den Country-by-Country-Report, nur wäre es überschießend, unternehmsrelevante Infos und Steuerdaten der gesamten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.