Kombination aus AHS-Matura und Gesellenprüfung. | Internat mit Familiencharakter. | Ebenau. Wer von Ebenau bei Salzburg über eine Serpentinenstraße durch den Wald fährt, würde inmitten der idyllischen Landschaft kaum eine Schule vermuten. Aber oberhalb der Nebelgrenze, umringt von schneebedeckten Bergen, liegt das Werkschulheim Felbertal. Es gleicht eher einem kleinen Dorf als einer Ausbildungsstätte.
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"Für die Jüngeren ist die Natur der schönste Spielplatz", weiß Hannes Karolus, seit 20 Jahren Lateinlehrer und Erzieher im Werkschulheim. Das Besondere an dem Privatgymnasium mit Öffentlichkeitsrecht ist die Kombination aus AHS-Matura und einer vollwertigen Gesellenprüfung in einem Handwerk. Außerdem bietet die Schule ein Internat an - allerdings nur für Buben. Im Halbinternat sind aber auch Schülerinnen zu finden.
Das Freizeitangebot reicht von Skiwochen bis zu Bogenschießen und Didgeridookursen. Der Sozialkreis, der seit zehn Jahren läuft, soll Schüler dazu motivieren, sich für andere einzusetzen. Beispielsweise mit der Renovierung von Freizeiteinrichtungen im Polizeigefangenenhaus.
Julia Prommegger ist eine "Halbinterne". Die 18-jährige Schulsprecherin hat ihr Gesellinnenstück in der Tischlerei angefertigt. "Es wurde ein Schreibtisch", erwähnt sie stolz.
Um sowohl für die AHS-Matura als auch die Gesellenprüfung ausreichend Zeit zu haben, dauert die Ausbildung im Werkschulheim neun Jahre. Für Julia ist "das Arbeiten mit der Hand ein guter Ausgleich für das Arbeiten mit dem Gehirn". Bei einem Praktikum in einer Tischlerei hat sie außerdem gelernt, "was arbeiten heißt. Es war körperlich sehr anstrengend."
Aber Werkschulheimschüler geben nicht so schnell auf. Die eher kleine Schule wählt neue Bewerber in einem dreitägigen Auswahlverfahren aus, in dem neben den schulischen Leistungen auch die soziale Kompetenz und Frustrationstoleranz spielerisch ausgelotet werden.
"Es ist schon ein Vorteil, dass die Schule so klein ist, die Atmosphäre ist ausgesprochen familiär", betont Franz Hackl. Der 19-Jährige steht vor der Matura und hat ebenfalls eine Tischlerprüfung gemacht. Der junge Mann hat erst in der Oberstufe ins Werkschulheim gewechselt und bereut die Entscheidung nicht. "Wir sind wie eine Familie. Im Internat wohnen wir zusammen, lernen zusammen und am Wochenende fahren wir einander besuchen", erzählt er begeistert.
Lebenslanger Kontakt
Jeder Jahrgang an Internatsschülern bewohnt gemeinsam mit einem Erzieher und dessen Familie ein Internatshaus. Der Tagesablauf ist genau durchstrukturiert (geweckt wird um 6.30 Uhr) - bietet aber auch Freiräume.
"Der Erzieher ist oft so etwas wie ein Ersatzvater", weiß Karolus. "Natürlich bringt das auch Einschränkungen im Privatleben mit sich", meint er lächelnd.
Aber Karolus schätzt die langjährige Beziehung, die er zu den Buben aufbauen kann. "Es ist schon sehr schön, wenn man die Entwicklung eines jungen Menschen so intensiv verfolgen kann". In der Schlosserwerkstatt ist gerade ein ehemaliger Schüler zu Besuch. Josef Hauthaler baut sich ein Bett und darf dafür die Werkstatt benutzen. Ein lebenslanger freundschaftlicher Kontakt zwischen Eltern, Schülern und Lehrern ist hier nicht ungewöhnlich.
Der Direktor des Werkschulheims, Winfried Kogelnik, weiß, dass viele seiner Schüler aus privilegierten Verhältnissen stammen. Immerhin kostet ein Monat im Internat um die 500 Euro. "Uns geht es aber um die Qualität der Ausbildung und nicht um das Geld der Eltern", betont er.
Wissen
Das Werkschulheim Felbertal ist ein Privatgymnasium mit Öffentlichkeitsrecht und bietet Ausbildungsplätze für etwa 310 Schüler (davon sind 170 im Internat).
Die praxisorientierte handwerkliche Ausbildung wird in Maschinenbautechnik, Mechatronik und Tischlereitechnik angeboten. Schwerpunkt in der Unterstufe ist technisches Werken.
Die Ausbildungsdauer beträgt neun Jahre, da Matura und Gesellenprüfung abgelegt werden. Die Kosten für das Internat betragen je nach Schulstufe 460 bis 520 Euro monatlich, für das Halbinternat 270 bis 295 Euro im Monat.
www.werkschulheim.at