Das Ausrufen von Neuwahlen sei alternativlos und konsequent gewesen, sagt Haslauer.
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Salzburg. Am 10. Dezember hat Wilfried Haslauer spätabends Neuwahlen in Salzburg ausgerufen. Grund dafür war der Finanzskandal. Ob die Strategie des ÖVP-Chefs aufgeht, werden die Salzburger am Sonntag entscheiden. Den beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Verlusten vorausgesagt. Bei der Wahl 2009 konnte Haslauer mit 36,5 Prozent den Rückstand auf Gabi Burgstallers SPÖ mit 39,4 Prozent zwar verringern, blieb aber Burgstallers Stellvertreter. Am Sonntag will Haslauer wie einst sein Vater Landeshauptmann werden.
"Wiener Zeitung":Die SPÖ wirft Ihrer Partei vor, seit 2004 die Rückkehr auf den Landeshauptmannsessel vorzubereiten. Hat die ÖVP ein historisches Anrecht auf die Führung des Landes?
Wilfried Haslauer: Wir sind im Wettbewerb. Der Vorwurf ist lächerlich. Die SPÖ möchte ja auch Nummer eins bleiben. Es ist legitim, dass SPÖ und ÖVP im Wettbewerb stehen, wer die Nummer eins ist und wer die tragende Gestaltungskraft im Land ist.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass nach der Wahl eine große Koalition wieder die einzige Möglichkeit für eine Zweier-Koalition ist. Sollte es wieder eine große Koalition geben, hat die Wahl dann überhaupt ihren Zweck erfüllt?
Ja, es ist eine neue Standortbestimmung. Wir haben diese Finanzaffäre und wir haben einen Kulturverfall in der Politik. Ich glaube, dass es ohne Neuwahlen völlig undenkbar gewesen wäre, weiterzumachen. Über ein Jahr Stillstand und Wahlkampf hält ja keiner aus. Ich kann Ihnen nicht garantieren, was sein wird, wenn . . . Das werden wir am Sonntag sehen.
Ist ein Neustart überhaupt möglich mit einer Konstellation, in der die beiden aktuellen Regierungsparteien vertreten sind?
Ja, denn es wird mit Sicherheit zu einer personellen Erneuerung kommen. Ich habe mein Team komplett erneuert, die SPÖ ist da noch etwas resistenter.
Sie werden bleiben, falls Sie Erster werden. Eine Kompletterneuerung hätte auch für Sie einen Rücktritt bedeutet. Daran haben Sie nie gedacht?
Mein Gott, in so einer Situation muss man eine gewisse Stabilität in der Führung einer Partei haben. Ich habe mir persönlich nichts vorzuwerfen. Bei aller kritischen Selbstreflexion bleibt immer noch die Frage, wie sehr wurden wir falsch informiert? Ich kann mir wenigstens zugute halten, dass ich konsequent gehandelt habe und praktisch die Vertrauensfrage an die Wähler stelle, und darauf kommt es an.
Sie gehen mit einem vierköpfigen Regierungsteam in die Wahl und fordern gleichzeitig eine Verkleinerung der Landesregierung auf fünf Posten. Was darf man daraus schließen: Dass Sie eine kleine Koalition anstreben oder, dass es doch keine Verkleinerung der Regierung gibt?
Für eine Verkleinerung der Regierung braucht es mehrere Voraussetzungen. Erstens eine Bündelung der Kompetenzen. Ein Beispiel: Ich war bei der Konferenz der Verkehrsreferenten der Länder. Burgenland und Kärnten waren mit drei Regierungskollegen da, die zuständig sind. In dem Bereich ist in Salzburg alles bei mir gebündelt. Da kann man wesentlich effizienter arbeiten. Es gibt aber Bereiche wie das Gesundheitswesen, die noch sehr zersplittert sind. Die zweite Voraussetzung ist eine Verfassungsmehrheit im Landtag. Die dritte hängt davon ab, wie die nächste Koalition ausschaut.
Es ist also durchaus möglich, dass es unmittelbar nach der Wahl wieder eine Regierung mit sieben Mitgliedern gibt?
Das ist nicht ganz auszuschließen, weil wir auch die Mehrheiten brauchen.
Im APA/OGM-Vertrauensindex ist Tina Widmann Salzburgs beliebtestes Regierungsmitglied. War es klug, sie nicht mehr aufzustellen?
Ob klug oder nicht, das ist eine Frage der Betrachtung im Nachhinein. Ich bin sehr zufrieden mit dem Team, das ich habe.
Durch den Finanzskandal sind Zinstauschgeschäfte in Verruf geraten. Der Rechnungshof kritisiert, dass Salzburg aufgrund der Auflösung solcher Geschäfte in Zukunft mehr Zinsen zahlen wird müssen.
Man muss sich entscheiden, was will man? Will man wenig Zinsen und hohes Risiko oder will man kein Risiko und höhere Zinsen? Wenn ich mir anschaue, welche Verluste eingefahren wurden, wäre es wahrscheinlich klüger gewesen über all die Jahre höhere Zinsen zu zahlen, weil das unter dem Strich geringer ist.
Welche Strategie bevorzugen Sie?
Sicherheit vor Risiko. Das ist überhaupt keine Frage.
Obwohl der Finanzskandal im Zentrum des Wahlkampfs steht, wird über die nächsten fünf Jahre abgestimmt. Ist es nicht ein bisschen kurzsichtig, nur den Finanzskandal zu diskutieren?
Das ist in keiner Weise der Fall. Wir haben vier Punkte, auf die wir in der Wahl bauen. Ein Punkt ist das Aufzeigen des Finanzskandals. Ein zweiter Punkt ist die Gegenüberstellung einer Leistungsbilanz: Was ist in den ÖVP-Ressorts geschehen und was ist in den SPÖ-Ressorts geschehen? Da sieht man bemerkenswerte Unterschiede an Erledigungen. Der dritte Bereich sind die Vorstellungen für die Zukunft. Wir haben einen Vertrag für Salzburg vorgeschlagen. Und der vierte Bereich ist mein Regierungsteam. Das ist die Basis, mit der wir diese Wahl bestreiten. Die Medien interessiert hauptsächlich der Finanzskandal, das ist mir schon klar. Aber im persönlichen Auftreten lege ich hauptsächlich Wert auf die anderen Bereiche.
Sie haben im Wahlkampf sicher schon mit vielen Salzburgern gesprochen. Wie ist die Stimmung in der Bevölkerung? Sprechen die Leute über den Finanzskandal?
Der Finanzskandal ist sicher ein tragendes Thema bei uns. Es gibt eine Fassungslosigkeit, wie so etwas passieren kann. Da muss man auch die Informationssituation erklären, warum man gewisse Dinge eben nicht weiß. Es gibt die Unterstellung, die ÖVP hat alles gewusst, seit 2008 die ersten große Verluste angelaufen sind: Wäre es so gewesen, hätte ich diese Information natürlich verwendet. Wir hatten 2009 Landtagswahlen. Ich wäre ja geistesgestört, hätte ich das nicht getan. Ich kann Ihnen garantieren, dass die Wahlen anders ausgegangen wären.
Durch den Finanzskandal ist das Thema Postenbesetzungen im öffentlichen Dienst hochgekommen. Wie soll das in Zukunft ablaufen?
Ein Beamter, der sich einer politischen Partei zugehörig fühlt, ist ja allein deshalb kein unqualifizierter Kandidat. Aber wir müssen auch aus politischer Selbsthygiene die Wertigkeit der Parteizugehörigkeit relativieren und die fachliche Qualifikation in den Vordergrund stellen.
Wie soll die Besetzung dann konkret aussehen?
Befristete Bestellungen sind durchaus vorstellbar. Das ist etwas, das man entwickeln muss. Es muss um eine ganz geradlinige Vorgabe der Regierung gehen, und es müssen alle Koalitionspartner dazu stehen und von parteipolitisch motivierten Besetzungen Abstand nehmen. Letztlich ist es Verantwortung der Regierung, Dinge zu entscheiden. Denn, wenn alles ausgelagert wird, braucht man keine Regierung mehr.
Zur Person
Wilfried Haslauer
ist Spitzenkandidat und Obmann der Salzburger ÖVP. Er wird heute, Freitag, 57 Jahre alt. Der Rechtsanwalt kam kurz vor der Landtagswahl 2004 in die Politik und ist seither Obmann und Landeshauptmann-Stellvertreter. Sein gleichnamiger Vater war von 1977 bis 1989 Landeshauptmann von Salzburg.