Christoph Chorherr blickt nach dem (noch nicht rechtskräftigen) Freispruch zurück auf fünf Jahre Ermittlungen und Prozess.
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Am Montag sind der ehemalige Grün-Politiker Christoph Chorherr sowie alle mit ihm angeklagten Personen am Straflandesgericht Wien freigesprochen worden - darunter Investor Rene Benko, der Industrielle Michael Tojner und die Immobilienentwickler Erwin Soravia und Günter Kerbler. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hatte Chorherr Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit vorgeworfen, mehreren Unternehmern Delikte wie etwa Bestimmung zum Amtsmissbrauch und Bestechung. Die Anklagebehörde hat angekündigt, gegen die Freisprüche Nichtigkeitsbeschwerde einzulegen, die Entscheidung ist daher noch nicht rechtskräftig.
"Erleichtert und froh" hatte sich Chorherr nach dem Freispruch gezeigt. Für ein umfassendes Statement sei er emotional zu aufgewühlt gewesen, sagte er beim Verlassen des Gerichtssaals. Gegenüber der "Wiener Zeitung" gestand er am Dienstag ein, Fehler gemacht zu haben.
"Wiener Zeitung":Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat fünf Jahre lang gegen Sie ermittelt, und herausgekommen ist, dass "kein Missbrauch in irgendeiner Form" festgestellt werden konnte. Hat die WKStA so schlecht gearbeitet oder waren Sie so geschickt?Christoph Chorherr: Es steht mir nicht zu, die Arbeit der WKStA zu qualifizieren - das machen jetzt ohnehin viele andere.
Von vielen Menschen wurde Ihre Bereitschaft für eine Diversion als Schuldeingeständnis interpretiert. Wieso haben Sie das gemacht, wenn Sie unschuldig sind?
Ich freue mich über den Freispruch, der ja nicht im Zweifel erfolgt ist, sondern definitiv und explizit sagt: Kein einziger Punkt konnte gefunden werden, der auf ein Fehlverhalten hinweist. Trotzdem stehe ich nicht an zu sagen: Habe ich alles richtig gemacht? Nein, das habe ich nicht. Dass ich im Jahr 2010, als wir als grüne Partei in die Stadtregierung gekommen bin, nicht den Vereinsobmann zurückgelegt habe und damit der Anschein entstanden ist, dass es einen Zusammenhang zwischen Spenden und meinem politischen Handeln gibt - das war ein Fehler. Das hätte ich der Wiener Stadtplanung und für alle, die mit mir auf der Anklagebank saßen, ersparen können.
Ihre Causa wurde öfter mit jener von Heinz-Christian Strache verglichen, allerdings gab es für ihn zuerst einen Schuldspruch, dann einen Freispruch. Bei Peter Westenthaler wiederum war es umgekehrt - in erster Instanz wurde er freigesprochen, in zweiter dann schuldig. Haben Sie keine Angst, dass Ihnen Ähnliches drohen könnte?
Es war ja ein riesiges Verfahren mit 70 Stunden Verhandlungen und fünf Jahren Ermittlungen und ich war mir nicht sicher, wie das ausgeht. Jetzt glaube ich, die Sache ist zwar noch nicht formal erledigt, aber ich bin sehr optimistisch, dass - wenn es überhaupt zu einer Nichtigkeit kommt, weil das Urteil so eindeutig war - das Ganze jetzt hoffentlich ein Ende hat.
Kann man das in Zahlen gießen, wie viel Geld dieses ganze, doch sehr langwierige Gerichtsverfahren gekostet hat?
Rechtsanwaltskosten von fünf Jahren sind zu bezahlen. Das waren Kosten in sechsstelliger Höhe. Und trotz Freispruch - wenn er einmal rechtskräftig ist - kriege ich kaum etwas davon zurück.
Als Nicht-Jurist dachte ich, dass man alles zurückbekommt, wenn man einen Prozess gewinnt?
Das denken alle, aber im österreichischen Recht ist das anders. Und das finde ich schon bedenklich, denn nicht jeder ist so privilegiert wie ich, eine so großzügige Mutter zu haben, die in der Lage ist, so viel Geld zu bezahlen.
Und wie sind Sie persönlich damit umgegangen, dass Sie die vergangenen Jahre in der medialen Berichterstattung nicht so gut dagestanden sind?
Das würde ich ein wenig schärfer formulieren. Mit wenigen löblichen Ausnahmen war die Berichterstattung in hunderten Artikeln absolut vorverurteilend und rufschädigend. Wenige haben so gearbeitet: Da gibt es Vorwürfe, das schauen wir uns genau an und es könnte anders sein, als behauptet wird. In der überwiegenden Mehrheit aller Artikel war durch die sehr willkürliche Auswahl der Zitate, durch die tendenziöse Auswahl der Titel völlig klar: Der Chorherr hat sich von reichen Immobilienunternehmern spenden lassen und hat ihnen dann eine Rutsche zur Widmung gelegt. Das war das Narrativ, das sich über fünf Jahre durchgezogen hat. Und ich bin froh, dass wir ein Rechtssystem haben, das der Wahrheitsfindung dient, das dieses Narrativ widerlegt hat. Und ich bin froh, dass ich mit einem sehr robusten Charakter ausgestattet bin, der das Ganze ausgehalten hat.