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Haben Betrüger nun Hochsaison?

Von Franz Nickel, Berlin

Wirtschaft

Unaufhaltsam rückt der Zeitpunkt näher, an dem die Deutschen von ihren geliebten DM und Pfennigen Abschied nehmen müssen und Euro und Cent in ihre Geldbörsen Einzug halten.


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Finanzwirtschaftler und Statistiker berauschen sich an den beeindruckenden Zahlen des bevorstehenden größten Geldumtauschs in der Geschichte: 2,6 Milliarden DM-Scheine mit einem Wert von 260 Milliarden Mark müssen eingezogen werden. Aufeinander gestapelt ergebe das einen Turm von 420 km Höhe. Außerdem müssen 98.500 t DM-Münzen eingezogen werden. Man rechnet damit, dass schon in der ersten Woche nach dem Stichtag 1. Jänner 2002 rund ein Drittel des gesamten Bargeldbestandes, etwa 40 Milliarden DM, ausgetauscht werden.

Bis zu 88 unterschiedliche Münzen im Portemonnaie

70.000 t der neuen acht verschiedenen Euromünzen müssen ausgeliefert werden. Die sogenannte Erstausstattungsmenge für Deutschland beträgt 17 Milliarden Münzen. Weil jedes Land die Rückseite seiner Münzen selbst gestaltet, können sich in den Geldbörsen mit der Zeit bis zu 88 unterschiedliche Euromünzen mischen. Sie müssen aber an allen Automaten in ganz Europa funktionieren, egal, in welchem Land sie geprägt wurden.

Falschgeld der "alten" Währungen

Dieser gewaltige Geldumtausch bietet laut Warnungen aus dem Bundeskriminalamt (BKA) einmalige Gelegenheiten für Geldfälscherbanden, Anlagebetrüger, Geldwäscher, Trickbetrüger, Räuber und Diebe. Bevor der Euro eingeführt wird, versuchen Fälscher schon verstärkt ihre "Blüten" in Umlauf zu bringen. So wurden vergangenes Jahr fast 3.000 Falschgeldfälle bearbeitet, dieses Jahr wird mit einer Steigerung von rund 50% gerechnet. 2002 erwarten die Ermittler einen weiteren Zuwachs. Der Trend liegt gegenwärtig bei nachgemachten 1.000- und 500-DM-Scheinen, vor allem aus Ost- und Südeuropa, aber auch aus Deutschland. Bis zu 2 Millionen falsche DM stellen die Beamten jedes Jahr sicher.

Während der Übergangszeit im Jänner/Februar sind die deutschen Banken verpflichtet, auch Geld der anderen Staaten der Währungsunion entgegenzunehmen. Aber nicht jeder Kassierer ist in der Lage, falsche Scheine aus allen anderen Euro-Ländern von richtigen zu unterscheiden. Deshalb soll mehr professionell geschultes Personal eingesetzt werden. Da die Umtauschfrist aber nur zwei Monate beträgt und sich etwa ein Drittel des deutschen Geldes im Ausland befindet, wird es schwierig, Falschgeld zu entdecken. Zwar werden in der Umtauschphase Geldprüfgeräte im Handel obligatorisch sein. Aber laut Landeskriminalamt Berlin sind manche "Blüten" so gut, dass sie selbst mit einem Gerät, das mit UV-Strahler arbeitet, nicht zu erkennen sind.

Mehr Überfälle befürchtet

Die deutsche Versicherungswirtschaft befürchtet, dass es in der Umtauschzeit zu einem massiven Anstieg von Überfällen und Eigentumsdelikten kommt. Die Transport- und Lagerkapazitäten der Kreditinstitute und Werttransport-Unternehmen seien trotz Aufstockung des Personals bei weitem nicht ausreichend. Die deutsche Assekuranz fordert deshalb ein verstärktes Engagement der staatlichen Sicherheitsorgane. Auch solle die Bundesbank eingezogene Markbestände gleich in den Bankfilialen entwerten, damit "das Geld für potenzielle Täter unattraktiv" werde. Da ließe sich möglicherweise mit den Geldscheinen durch Schreddern so machen - aber für die Vernichtung der anfallenden 3.500 LKW voller Münzen reicht die Kapazität nicht aus. Das Geld muss zwischengelagert werden. Auch dafür fand sich aber schon Rat.

Spezialsack für Transport

Die Firma Debatin bei Karlsruhe erfand einen raffinierten Geldsack, um die Münzen vor Langfingern zu schützen. Wenn ein Sack mit circa 6 kg Münzen gefüllt ist, wird er mit einem Klebestreifen verschlossen, der den Weg zum Hartgeld absolut versperrt. Er lässt sich nicht wieder öffnen. Bei Gewaltanwendung, Kälte-, Wärme- und Chemieschock ergießt sich leuchtende Farbe, die den versuchten Diebstahl dokumentiert. Bundes- und Landesbanken befanden das System für gut. Die Firma erhielt mit 35 Millionen solcher "Deba-Safes" den größten Einzelauftrag der Firmengeschichte. Auch holländische Banken haben bereits 10 Millionen dieser Geldtaschen geordert.

Aber was rät das BKA dem "kleinen Mann"? Erstens das Geld schon vor dem neuen Jahr zur Bank tragen oder ausgeben. Und zweitens soll man nicht öffnen, wenn angebliche Polizisten oder Bankbedienstete an der Haustür Euros tauschen wollen: "Das können nur Betrüger sein!"