Frauen lieben es, stundenlang in Shops zu stöbern, sie können Nachmittage lang von einer Boutique zur nächsten bummeln und immer wieder neue Kleider anprobieren. Männern ist dieses Verhalten meist nicht so ganz geheuer - sie sträuben sich gerne, wenn es darum geht, ihr Bekleidungssortiment zu erweitern.
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Das "starke Geschlecht" macht meist einen Bogen um Boutiquen. Und wenn sie sich dann doch in einer befinden, dann wollen sie nur eines: So rasch wie möglich einkaufen und wieder raus. Warum ist das Kaufverhalten von Männern und Frauen so unterschiedlich? Besitzen Frauen tatsächlich das "Einkaufs-Gen"?
Wenn man die Situation so betrachtet, dann müsste man letztere Frage durchaus mit "ja" beantworten. Es scheint wirklich so, dass Frauen pure Leidenschaft verspüren, wenn sie einkaufen gehen. Und da muss Frau gar nicht wirklich etwas brauchen, sie geht einfach gerne mal in die Stadt, um sich "umzuschauen". Erst führt sie der Weg möglicherweise in die Lieblingsboutique, dann noch in andere Shops. Es wird probiert, gustiert, aber nicht unbedingt gleich gekauft.
Das Shoppingverhalten von Männern schaut ganz anders aus. In einer Studie wurden Männer und Frauen bei ihren Einkäufen beobachtet. Man fand heraus, dass Frauen viel öfter in den Umkleidekabinen verschwinden und Kleider anprobieren. Wenn Männer in die Umkleidekabine gehen, dann höchstens mit zwei, drei Stücken, wobei eines dann meist auch gekauft wird. Männer probieren nicht einfach so zum Spaß.
Frauen wissen oft genau, dass das Kleidungsstück, dass sie mit in die Kabine genommen haben, nicht gekauft wird. Es ist zu teuer, passt nicht zum persönlichen Kleidersortiment oder entspricht farblich nicht - aber man möchte einfach sehen, wie es einem steht, wie man sich darin fühlt. Für die meisten Männer ist dieses Verhalten nicht nachvollziehbar - entweder passt oder passt nicht, lautet meist ihre Devise. Warum etwas probieren, wenn man es gar nicht kaufen will? Das verstehen wohl nur Frauen!
Frauen kennen sich in Kaufhäusern auch meist besser aus als Männer. Zielstrebig steuern sie auf die Textil-Abteilung, für die sie sich interessieren, zu. Männer irren oft lange ziellos durchs Kaufhaus und sehen meist etwas verloren aus - zumindest in Bekleidungsabteilungen. Ganz anders stellt sich die Situation natürlich in Baumärkten dar. Da kennen sich Männer bestens aus und gehen mit schlafwandlerischer Sicherheit durch die Gänge, um eine Bohrmaschine oder einen Dichtungsring zu finden.
Lustgewinn oder Stress? Wenn Männer Kleidung probieren, dann überlegen sie kurz, ob es passt und dann entscheiden sie sich. Frauen gustieren mit ihrer Freundin, fragen sie, ob das Anprobierte zu ihr passt. Shoppen ist Lustgewinn für Frauen, für Männer bedeutet es Stress. Bei Messungen fand man heraus, dass manche Männer beim Einkauf etwa einen gleich hohen Stresslevel aufweisen wie es zum Beispiel bei Piloten während einer Landung gemessen wird. Das zeigt, dass Frauen Männern wirklich unrecht tun, wenn wir sie als "ungeduldig" und "desinteressiert" abstempeln. Wenn sie sich sträuben, uns bei unseren Shopping-Touren zu begleiten, dann tun sie das nicht ganz grundlos. Für sie ist es wirklich Stress. Also vielleicht doch besser eine gute Freundin schnappen und mit ihr durch die Boutiquen pilgern. Macht doch auch mehr Spaß, mit ihr über Kleider zu gustieren…
Einkaufsfallen. Aber auch wenn wir Frauen wahre Expertinnen in Sachen Mode und Einkaufen sind - es gibt Fallen, in die wir nur allzu leicht tappen. So gibt es in Umkleidekabinen oft Spiegel, die ein wenig verzerren und uns schlanker erscheinen lassen. Wir führen das auf das Kleidungsstück zurück und schon ist es gekauft. Zuhause sieht es merkwürdiger Weise dann etwas anders aus . . . Aber auch spezielles Licht und eine angenehme Atmosphäre, zum Beispiel Düfte, verführen uns dazu, Dinge zu kaufen, die wir eigentlich gar nicht kaufen wollen. Es gibt viele psychologische Faktoren, auf die man seitens der Geschäftsbetreiber inzwischen achtet, damit der Verkauf gesteigert wird. So werden immer mehr Umkleidekabinen angeboten - das hat einen simplen Grund: Studien haben herausgefunden, dass Käufer oft aufs Probieren verzichten, wenn sie mit der Ware durch das gesamte Geschäft laufen müssen, um sie an sich zu begutachten. Wenn man sich dann für ein neues Outfit entschieden hat, kann Frau oft nicht widerstehen, wenn die Verkäuferinnen modische Accessoires passend dazu anbieten - eine weitere Kaufverführung.
Es ist für den Verkaufserfolg aber auch wichtig, wo das Produkt platziert wird. So stellte man fest, dass im Supermarkt Produkte in Augenhöhe und links im Regal am ehesten gekauft werden. Also wird man dort die teuersten Produkte finden. Daher heißt es für den Käufer in Zukunft: ruhig beim Einkaufen auch mal nach rechts unten schauen. Wichtig sind aber nicht nur die Kompetenz der Verkäufer, sondern auch das Auftreten und sogar das Outfit. Man fand heraus, dass Menschen mehr von Verkäufern erwerben, die so ähnlich gekleidet sind wie sie. Das schafft Vertrauen und man kauft gleich viel lieber etwas von diesem Anbieter.
Verkaufspsychologen machten sich sogar Gedanken darüber, ob man Textilien, etwa Westen und Pullover, eher am Kleiderbügel hängend oder im Regal gefaltet anbieten soll. Und sie fanden heraus, dass beides Vor- und Nachteile hat: Die hängende Präsentation hat den Vorteil, dass der Kunde die Westen und Pullover gleich sieht, denn viele Kunden scheuen sich, in die Regale zu greifen und "übersehen" die dort angebotenen Waren eher. Wenn sie allerdings Interesse daran haben und die Ware tatsächlich "entfalten", dann steigt die Wahrscheinlichkeit eines Kaufes, weil man die Textilien bereits berührt hat und ihre Beschaffenheit kennt - das steigert laut Psychologen die Kauflust.
Nicht zu unterschätzen sollte man auch die Wirkung von Schaufensterpuppen. Sie verführen uns dazu, nicht nur die Bluse, sondern gleich das gesamte präsentierte Ensemble zu kaufen. Man sieht an der Puppe, wie gut die Hose und der Blazer das Outfit ergänzen, und greift zu. Wichtig ist in einem Shop auch die richtige Musikwahl - so wäre wohl wilder Punk, der aus den Lautsprechern der Spielzeugabteilung dröhnt, völlig falsch gewählt. Sanfte Musik entspannt uns und macht uns aufnahmebereiter für die Verführung zu einem Kauf.
Und wenn mir in nächster Zeit wieder einmal ein Mann meine Kauflust vorwirft, dann werde ich bei dieser Gelegenheit wohl Ovid zitieren, denn der 43 v. Chr. geborene römische Dichter meinte damals bereits: "Eine Frau kauft immer irgend etwas." Das scheint ein guter Beweis dafür zu sein, dass es wohl doch ein Kauf-Gen gibt, das nur Frauen besitzen. Zumindest können wir es als Erklärung für unsere nächste Shopping-Orgie nehmen.