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Haben und Weiterreichen

Von Konstanze Walther

Politik

Im US-Vorwahlkampf könnten frei werdende Spendengelder den gemäßigten Republikanern nützen.


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Des Moines. Bill Clinton hatte 1992 nach elf Vorwahl-Runden nur eine gewonnen. Trotzdem wurde er der Kandidat der US-Demokraten und schließlich Präsident der Vereinigten Staaten.

Man darf also das Ergebnis der Vorwahl-Runden - die alle 50 Bundesstaaten durchführen - nicht mit dem Ergebnis der endgültigen Nominierung an den Parteitagen im Juli gleichsetzen.

Trotzdem: Die Vorwahl in Iowa ist das erste Mal, dass tatsächlich über die Kandidaten abgestimmt wird. Bisher hantieren Parteien und Medien mit Umfragewerten. Für die liebevoll genannte Grand Ol’ Party (GOP, Republikaner) mit ihren vielen Kandidaten bedeutet das einmal, dass die Spreu vom Weizen getrennt wird. Bei den nach den Vorwahlen verbleibenden Kandidaten werden die Ergebnisse wie Trainingswerte bei Rennpferden gelesen. Soll heißen: Wenn einem Kandidaten keine Chancen ausgerechnet werden, das endgültige Rennen zu machen, wird das Geld eben auf jemand anderen gesetzt. Und so kann sich das Ausmaß des Geldes, dass die jeweiligen Kandidaten hinter sich haben, noch exponenziell vergrößern.

Zwei Kandidaten, die von der Basis nicht geliebt werden

Bei den Republikanern wird sich einerseits der in der eigenen Partei ungeliebte, aber als Favorit geltende Donald Trump beweisen müssen. Trump gibt sich bei Wahlkampfveranstaltungen betont undiplomatisch und hat nach Meinung von Beobachtern seinen Rückhalt vor allem bei den Proteststimmen, die seine unorthodoxe Art schätzen. Fraglich ist, ob sich diese verärgerte Wählergruppe von telefonisch erhobenen Umfragen in echte Kreuze auf den Wahlzetteln verwandeln lässt. Ebenso wird die Performance des Darlings der erzkonservativen Tea-Party-Fraktion, Ted Cruz, beobachtet. Cruz wird sich im rural geprägten Iowa leichter tun als in städtischen Ballungsgebieten. Das Team von Cruz hat etwa eigens für Iowa ein sogenanntes "Attack-Ad" geschalten; dabei handelt es sich um einen Werbespot, der nicht die Eignung des eigenen Kandidaten in den Vordergrund stellt, sondern den jeweiligen Gegner in den Dreck zieht.

Die größte Beleidigung: "New Yorker Werte"

Normalerweise werden solche Werbespots von Super PACs (PAC steht für Political Action Comittee) geschalten. Das ist die ausgelagerte Kriegskasse eines Kandidaten. Sie wird zwar von Unterstützern gesammelt, ist aber formal unabhängig. So kann der Kandidat Spendengrenzen umgehen. Bei Attack-Ads wiederum muss er sich nicht die Hände schmutzig zu machen. Doch von dem in Iowa geschaltenen Werbespot will sich Cruz nicht einmal distanzieren.

In dem Video betont sein Kontrahent Trump, dass er sein ganzes Leben in New York gelebt habe. Deswegen würde er sich für das - unter Republikanern mehrheitlich abgelehnte - Recht auf Abtreibung einsetzen. Ted Cruz schließt dann den Spot: "Das sind New Yorker Werte. Nicht die unseren." So interpretiert Cruz seinen umstrittenen Wahlkampfsager, Trump stehe für New Yorker Werte, geschickt für das ohnehin verbale Minenfeld der Reproduktionsrechte um. Denn als Cruz das mit den New Yorker Werten bei einer Veranstaltung entfuhr und er damit für viel Gesprächsstoff in den Nachrichtensendungen sorgte, war das Internet voll mit Sätzen wie: "Spuck’s schon aus Ted. Du meinst die Juden!" Das macht bei jenen Teilen der republikanischen Parteien, die sich stark für die israelische Politik einsetzen, keinen guten Eindruck.

Sind Trump und Cruz diejenigen unter den Republikanern, die das Feld derzeit anführen, so könnte nach Meinung vieler Beobachter Marco Rubio der lachende Dritte sein, der schließlich als Erster durchs Ziel läuft - wenn auch noch nicht in Iowa.

Nach der sowohl Nerven als auch Geld fressenden Zerfleischung der Top-Kandidaten könnten sich zukünftige republikanisch gesinnte Spender alle hinter dem einen gemäßigten Kandidaten vereinen, der übrig bleibt, während den polarisierenden Extremen langsam das Geld ausgeht.

Super-PAC-Geld kann für neuen Kandidaten verwendet werden

Geld wird auch diesmal eine wichtige Rolle zum Schluss spielen, auch wenn 2016 die Uhren bisher anders getickt haben. Denn normalerweise war es eine viel studierte Daumenregel, dass in den USA der Kandidat gewinnt, der am meisten Geld sammelt. Diese Erfahrung Lügen strafend, liefert sich bei den Demokraten Hillary Clinton ein hauchdünnes Rennen mit Bernie Sanders, der nur über einen Bruchteil ihrer Kriegskasse verfügt.

Und bei den Republikanern steht die Welt ohnedies kopf. Jeb Bush hatte mithilfe von Super PACs mit Abstand das meiste Geld eingesammelt gehabt - viele der mächtigen Großspender nahmen an, dass Bush der wahrscheinlichste Kandidat der Republikaner sein wird. Doch in den Umfragen rangiert Bush unter ferner liefen. Wenn nun etwa Bush aus dem Rennen ausscheidet, wird das von seinen Super PACs gesammelte Geld wieder "frei" - und fließt zurück an die Spender. Die damit freilich einen neuen Kandidaten unterstützen können. Und viele Republikaner wollen alles in ihrer Macht stehende tun, um Trump und Cruz zu verhindern. Mit dem Polster könnte Rubio das republikanische Ticket bekommen.

Überall in Iowa trafen sich am Montag Unterstützer beziehungsweise Mitglieder beider Parteien in Schulen, Kirchen oder Bibliotheken zu abendlichen Wahlversammlungen, um über die Bewerber und ihre Programme zu diskutieren und anschließend abzustimmen. Insgesamt hielten Republikaner und Demokraten in knapp 1700 Stimmbezirken einen solchen Caucus ab.

In dem kleinen Staat im Mittleren Westen der USA wird traditionell die Serie der Vorwahlen eröffnet. Iowa hat zwar zahlenmäßig eine geringe Bedeutung für die Kandidaten. Ein gutes Abschneiden kann den Bewerbern aber wichtigen Rückenwind geben. Die Abstimmung erfolgt bei den Republikanern geheim, bei den Demokraten offen. Mit ersten Trends wird nicht vor 6 Uhr Mitteleuropäischer Zeit am Dienstag gerechnet.

US-weit führt der umstrittene Multimilliardär Donald Trump das republikanische Bewerberfeld deutlich an, bei den Demokraten hat Hillary Clinton klar die Nase vorn. Es ist jedoch nicht sicher, dass sie in Iowa Siege einfahren können.

Einer Umfrage im Auftrag der Lokalzeitung "Des Moines Register" zufolge kommt aufseiten der Republikaner Trump in Iowa auf rund 28 Prozent und Cruz auf 23 Prozent der Stimmen. Auf Rang drei folgt Senator Marco Rubio aus Florida mit 15 Prozent. Abgeschlagen rangieren dahinter Bewerber wie Ben Carson oder Jeb Bush. Auf der demokratischen Seite führt Hillary Clinton in jüngsten Umfragen in Iowa durchschnittlich mit 3,3 Prozentpunkten vor Bernie Sanders.

Die nächste Vorwahl steht am 9. Februar in New Hampshire an der Ostküste auf dem Programm.