Das Wehklagen war weithin hörbar. Man hat uns Olympischer Spiele beraubt, die wir eigentlich verdient hätten. So lautete der allgemeine Tenor im Salzburger Mirabellgarten, wo die anberaumte Olympia-Feier buchstäblich ins Wasser fiel, und bei der österreichischen Delegation in Guatemala City, wo die IOC-Mitglieder Sotschi zum Austragungsort der Winterspiele 2014 kürten. Salzburg schied wie bei der Wahl um den Zuschlag für 2010 schon im ersten Durchgang aus, was Landeshauptfrau Gabi Burgstaller gar zu der larmoyanten Frage hinriss, ob wir uns das denn verdient hätten.
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Aus sportlichen und infrastrukturellen Gesichtspunkten betrachtet, müsste die Antwort "nein" lauten. Salzburg hat eine gute Bewerbung abgegeben, aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, kurze Wege und bestehende Sportstätten angeboten und den vor vier Jahren eher als penetrant empfundenen Hinweis auf die hohe Kultur in den Hintergrund gerückt. Auch einen großen Kritikpunkt des IOC-Evaluierungsberichts, in dem von einem unterschätzten Budget für die Sicherheitsvorkehrungen die Rede war, konnte man einigermaßen schlüssig erklären.
Eigener Fehler ist man sich kaum bewusst. Und vermutlich haben der ständige Wechsel an der Bewerbungsspitze, die Doping-Affäre von Turin sowie die vom IOC kritisierte mangelnde Unterstützung der Bevölkerung der Kandidatur tatsächlich nicht den Todesstoß verpasst, auch wenn sie ihr nicht gerade zuträglich gewesen sein konnten.
Auch wenn das Wort Bestechung von den Verantwortlichen gemieden wird wie der Sommer-Kurort Sotschi bisher von den meisten Wintersportlern, wollen misstrauische Zeitgenossen nicht ganz über diese Möglichkeit hinwegsehen. Tatsächlich aber wird man auch (allein) darin auf der Ursachenforschung nicht fündig werden. 102 Mitglieder waren stimmberechtigt, an der geheimen Wahl nahmen dann 98 teil: 98 Menschen aus den verschiedensten Nationen, aus den verschiedensten Bereichen des Sports und mit den verschiedensten Interessen.
Vielleicht hat die Macht des russischen Präsidenten Wladimir Putin den einen oder anderen überzeugt, wie russische Medien jubilieren, vielleicht sind einige tatsächlich daran interessiert, dass sich die Küstenstadt am Schwarzen Meer in ein Ganzjahres-Sportparadies verwandelt und für Wintersport wie Wirtschaft ein neues Spielfeld erschließt.
Und vielleicht haben auch pragmatische Gründe eine Rolle gespielt. Die nächste Vergabe Olympischer Spiele kommt bestimmt. Die Deutschen hätten Olympia 2018 gerne in München, auch in Frankreich, Norwegen und der Schweiz soll Interesse bestehen. Warum also jetzt für Salzburg eintreten und damit die eigenen Chancen auf 2018 verspielen?
Die sportlichen Gründe dürften also tatsächlich keine Rolle gespielt haben. Der wehleidig klingende Verdacht, man wolle uns Österreichern Schaden zufügen, freilich ebensowenig.